Cover-Bild Ein Winter in Paris
19,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Zsolnay, Paul
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 24.09.2018
  • ISBN: 9783552063778
Jean-Philippe Blondel

Ein Winter in Paris

Roman
Anne Braun (Übersetzer)

Victor hat die Provinz hinter sich gelassen und ist zum Studium nach Paris gezogen. Er kommt aus einfachen Verhältnissen, der Druck an der Uni ist hoch. Victor ist einsam und fühlt sich unsichtbar. Einzig mit Mathieu, einem Jungen aus dem Kurs unter ihm, raucht Victor hin und wieder eine Zigarette. Als Mathieu in den Tod springt, verändert sich für Victor alles. Plötzlich wird er, der einzige Freund des Opfers, sichtbar. Seine Kommilitonen interessieren sich plötzlich für ihn, und langsam entwickelt er zu Mathieus Vater eine Beziehung, wie er sie zu seinem eigenen Vater nie hatte. „Ein Winter in Paris“ ist ein sensibles und zärtliches Buch über das, was uns Menschen zusammenhält.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2018

Beeindruckender Schreibstil

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Jean Philippe Blondel beschreibt, wie man dazugehören kann ohne tatsächlich angenommen zu werden, wie man teilhaben darf, ohne jemals teil zu haben. Von der Diskrepanz zwischen bildungsbürgerlichem Nachwuchs ...

Jean Philippe Blondel beschreibt, wie man dazugehören kann ohne tatsächlich angenommen zu werden, wie man teilhaben darf, ohne jemals teil zu haben. Von der Diskrepanz zwischen bildungsbürgerlichem Nachwuchs und bildungsfernen Emporkömmlingen, die zwar nicht ausgestoßen werden, aber schlichtweg nicht wahrgenommen werden. Bis einer daran zerbricht – und den anderen durch diese erschütternde Tat in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken lässt, und ihm eine Tür öffnet, die ohne den Selbstmord des „Freundes“ vermutlich nie für ihn geöffnet worden wäre.
Ich habe lange überlegt, was ich zu diesem Buch schreiben soll. Es ist ruhig, teilweise defensiv, oft beobachtend und dann doch so treffsicher und auf eine resignierende Art gesellschaftskritisch, die ich nicht gut in Worte fassen kann. Die Sprache und der Schreibstil sind grandios, ich werde definitiv noch mehr von diesem Autor lesen! Dennoch lässt mich die Geschichte etwas ratlos, fast melancholisch zurück. Denn es war wie es ist und wird wohl auch immer so sein. Fünf Sterne, denn ich werde wohl noch lange an dieses Werk denken müssen.

Veröffentlicht am 30.09.2018

Außenseiterschicksale

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Der 19jährige Victor stammt aus der Provinz und besucht im zweiten Jahr eine Vorbereitungsklasse an einem Lycée in Paris. Wenn er den Concours, die Auswahlprüfung, besteht, bekommt er einen Studienplatz ...

Der 19jährige Victor stammt aus der Provinz und besucht im zweiten Jahr eine Vorbereitungsklasse an einem Lycée in Paris. Wenn er den Concours, die Auswahlprüfung, besteht, bekommt er einen Studienplatz an einer der renommierten Grandes Ecoles, der Ecole Normale Superieur. Diese Schulen absolviert die französische Elite. Victor stammt aus einfachen Verhältnissen und verfügt nicht über die Codes in Bezug auf Herkunft, Bildung, Sprache und Kleidung, die ihm Zugang zu den betuchteren bürgerlichen Kreisen ermöglichen würden. Er ist völlig isoliert und widmet sich einzig und allein seinen Studien. Wider Erwarten sind seine Leistungen gut genug für das zweite Vorbereitungsjahr. Irgendwann lernt er den jungen Mathieu im Jahrgang unter ihm kennen, der offensichtlich das Gleiche erlebt wie er selbst. Sie rauchen zusammen und wechseln ein paar Worte. Victor kann sich eine Freundschaft mit ihm vorstellen und will ihn zu seinem Geburtstag einladen. Doch ehe es dazu kommt, begeht Mathieu Selbstmord, indem er in der Schule über ein Geländer in die Tiefe springt. Der berüchtigte Französischlehrer Clauzet hat ihn einmal zu oft gedemütigt. Dieses Ereignis verändert Victors Leben vollkommen. Auf einmal gilt er als der Freund des Opfers und wird sichtbar und beliebt. Die anderen suchen den Kontakt zu ihm, Mädchen interessieren sich für ihn, und der Star des Jahrgangs, der homosexuelle Paul, freundet sich mit ihm an, lädt ihn sogar zu sich nach Hause in die riesige Wohnung mit Blick auf den Jardin du Luxembourg ein. Victor, der außerhalb in einer Unterkunft für Studenten in Nanterre wohnt, lernt eine neue Welt kennen, hat plötzlich ein soziales Leben. Er ist sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass er von Mathieus Tod profitiert. Durch die vielen Ablenkungen werden seine Leistungen schlechter, so dass er keine Aussichten auf Bestehen des Concours hat. In dieser Zeit lernt er Patrick Lestaing, Mathieus Vater kennen. Victor und Patrick Lestaing kommen sich immer näher und werden zu einem Ersatzvater und Ersatzsohn, was ihnen hilft, mit dem Verlust fertig zu werden. Victor hat inzwischen beschlossen, einen anderen Weg einzuschlagen, sich zu entziehen, weil er empört ist über den Umgang der Schule mit dem Selbstmord: Nichts hat sich geändert, nicht am gnadenlosen Wettbewerb und auch nicht im Umgang der Lehrer mit ihren Schülern.
Am Beispiel von Victor und Mathieu zeigt Blondel exemplarisch, was es für junge Menschen bedeutet, ihr Milieu zu verlassen und mit Entwurzelung und Ausgrenzung zurecht zu kommen. Er behandelt dabei Themen wie Freundschaft, familiäre Beziehungen und den Konkurrenzkampf unter den Schülern. Der Autor hat diesen Roman im Alter von 50 Jahren veröffentlicht. Bei einer Präsentation seines Buches ließ er durchblicken, dass diese Geschichte autobiografische Züge hat, dass er sie sein ganzes Leben hat aufschreiben wollen. Nach eigener Aussage weckt ihn der bewusste Schrei, der im Roman mehrfach erwähnt wird, noch immer regelmäßig.
Mir hat “Ein Winter in Paris“ sehr gut gefallen – genauso gut wie “Et rester vivant“ und “06h41“.

Veröffentlicht am 25.09.2018

Chapeau, grandios!

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Inhalt:
Wenn ich dieses Jahr nur ein Buch empfehlen dürfte, dann wäre es dieses, ein Buch, welches mich auf eindringlich erschreckende Weise, zu Tränen rührte, ein Buch über das wahre Leben, so grausam ...

Inhalt:
Wenn ich dieses Jahr nur ein Buch empfehlen dürfte, dann wäre es dieses, ein Buch, welches mich auf eindringlich erschreckende Weise, zu Tränen rührte, ein Buch über das wahre Leben, so grausam und schön, und so wahr.

Victor ist junger Mann, der sich kaum zurechtfindet in dem großen Paris, dem großen Leben. Vom Leistungsdruck und der Einsamkeit gefangen windet er sich immer weiter in ein melancholisches Dasein, doch als er auf Matthieu trifft, verändert sich sein Leben zum positiven, bis dieser in den Tod springt und Victor allein lässt, mit den Weiten und dem Sinn des Lebens. Doch manchmal schenkt einem das Leben einen ganz neuen Verbündeten...

Meine Meinung:
Es ist sehr schwer zu beschreiben, wie wundervoll und ergreifend dieses Buch ist. Selten habe ich erlebt, dass ein Autor einen so literarisch wertvollen und zugleich melancholisch emotionalen Stil verkörpert. Doch was der französische Autor Jean-Philippe Blondel hier erschaffen hat, ist viel mehr. Ein Abbild des Lebens, eines Lebens, welches wahr erzählte Wege geht, von den Problemen, die junge Menschen umtreibt, zu einer Zeit, in der wir alle Individuen sein wollen und doch alle gleich und so anders sind, in der wir einen Platz suchen und manchmal nicht finden. Und genau diese Geschichte erzählt er fabelhaft, emotional, und doch auch mit hoffnungsvollen Momenten.
Charaktere die ans Herz wachsen, zu Tränen rührend sind und ein Schreibstil, der soghaft und geniale Melancholie versprüht!

Fazit:
Lesen sie dieses Buch, sie werden es nicht bereuen.
Eine Lebens-Lese-highlight!
Chapeau, grandios!

Veröffentlicht am 19.09.2018

Ein Junge wird sichtbar

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An einem Pariser Lycee begeht ein Junge Selbstmord - warum weiß niemand so richtig. Aber plötzlich steht sein bisher unscheinbarer Freund Victor im Fokus der Aufmerksamkeit und während ein Junge für immer ...

An einem Pariser Lycee begeht ein Junge Selbstmord - warum weiß niemand so richtig. Aber plötzlich steht sein bisher unscheinbarer Freund Victor im Fokus der Aufmerksamkeit und während ein Junge für immer verschwindet, taucht Victor auf. Nicht nur seine Kommilitonen nehmen ihn plötzlich wahr, sondern auch der Vater seines toten Freundes. Zwischen den beiden entsteht eine Verbindung, die nicht jeder gutheißt.

"Ein Winter in Paris" ist ein kurzes und melancholisches Buch, das ich sehr gerne gelesen habe. Ein Großteil handelt von Victors Leben und Leiden als Student in den Vorbereitungskursen, von den Schwierigkeiten mit den Lehrern, Studenten und dem Leistungsdruck. Die kalte, elitäre Stimmung in der alle gleichzeitig miteinander konkurieren ist einfach wahnsinnig gut beschrieben.

Nach dem Selbstmord verändert sich in Victors Leben einiges. Das besagte Verhältnis zu dem Vater des Verstorbenen spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle, nimmt aber nichtsdestotrotz nicht so viel Raum ein, wie ich anfangs befürchtet hatte. Die Beziehungen zu seinen Kommilitonen sind fast genauso wichtig. Dadurch gab es viele Spannungen und Handlungspunkte, deren Entwicklung man verfolgen konnte.

Das Buch hat mich auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt. Gerade weil der Selbstmord hier ein Auslöser ist, aber gleichzeitig auch keine überdimensionierte Rolle spielt. Der Umgang mit dem Warum und dem Danach hat mir sehr gut gefallen. Er ist unaufdringlich und bietet genug Spielraum für eigene Interpretationen. Eine Lösung gibt es nicht, aber das wäre ja auch zu einfach. Trotzdem - oder gerade deswegen - habe ich das Buch zufrieden beiseite gelegt.

Insgesamt habe ich "Ein Winter in Paris" wirklich gerne gelesen. Die Melancholie und Trostlosigkeit, obwohl es kein trostloses Buch ist, haben mir sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 19.09.2018

Nichts ist mehr wie vorher …

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Gerade aus dem Urlaub zurück, findet der Gymnasiallehrer Victor unter der eingegangenen Post einen Brief vor, der in ihm alte Erinnerungen wach werden lässt. Es war vor beinahe 30 Jahren, während seines ...

Gerade aus dem Urlaub zurück, findet der Gymnasiallehrer Victor unter der eingegangenen Post einen Brief vor, der in ihm alte Erinnerungen wach werden lässt. Es war vor beinahe 30 Jahren, während seines Studiums in Paris, als er Zeuge beim Selbstmord eines Kommilitonen wurde. Mathieu war nur ein flüchtiger Bekannter, dennoch veränderte sein Tod Victors Leben, plötzlich steht er im Mittelpunkt. Auch Patrick Lestaing, der Vater des Verstorbenen, sucht Victors Nähe. Er brauchte ihn auf seiner Suche nach dem Warum und um seinen Schmerz zu verarbeiten. Aber auch Victor braucht Patrick …

Der französische Autor Jean-Philippe Blondel wurde 1964 in Troyes geboren, machte 1987 seinen Magister in Englisch und arbeitet seit 1990 als Englischlehrer am Gymnasium in Troyes. Als Schriftsteller hat er seit 2003 eine Reihe von Romanen und Jugendbücher veröffentlicht, wovon einige ins Deutsche übersetzt wurden.

Auf weniger als 200 Seiten gelingt es dem Autor zu beweisen, dass die Qualität eines Buches nichts mit seinem Umfang zu tun haben muss. Blondels ruhiger, sehr konzentrierter Schreibstil und seine sensible Art, in die Gefühlswelt der Protagonisten einzutauchen, berühren den Leser zutiefst. Er lässt Victor seine Geschichte selbst erzählen und schafft so eine emotionale Nähe und feinsinniges Verständnis für dessen Verhaltensweise, für seine Handlungen und die Reaktionen der anderen Protagonisten. Sein innerer Zwiespalt, seine Zerrissenheit und sein Zweifel an sich selbst sind sehr fein herausgearbeitet und lassen den Leser tief in seine Psyche blicken. Einsamkeit und Verzweiflung, sich zaghaft anbahnende zwischenmenschliche Kontakte, das allmähliche Ablösen vom Elternhaus und das erbarmungslose Auslesesystem an Frankreichs Universitäten sind weitere Aspekte, mit denen uns der Autor konfrontiert. „Es gibt niemanden, der die Verwirrung der Gefühle auch nur annähernd so beschreiben kann wie Jean-Philippe Blondel.“ (LE FIGARO)

Fazit: Ein einfühlsamer und außergewöhnlicher Roman über zwischenmenschliche Beziehungen – sehr zu empfehlen!