Cover-Bild Über Menschen
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13,00
inkl. MwSt
  • Verlag: btb
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 10.08.2022
  • ISBN: 9783442772193
Juli Zeh

Über Menschen

Roman
Trauen wir uns, Mensch zu sein?

Dora ist mit ihrer kleinen Hündin aufs Land gezogen. Sie musste dringend raus aus der Stadt, auch wenn sie nicht genau weiß, wovor sie auf der Flucht ist. Großstadt, Lockdown, stressiger Job, ein übereifriger Freund, dazu Donald Trump, Brexit und Rechtspopulismus – wann ist die Welt eigentlich dermaßen durcheinandergeraten? Dass Bracken, dieses kleine Dorf im brandenburgischen Nirgendwo, nicht die ländliche Idylle ist, von der manche Städter träumen, war Dora klar. Alle haben sie vor der Provinz gewarnt. Jetzt sitzt sie trotzdem hier, in einem alten Haus auf einem verwilderten Grundstück, mit einem kahlrasierten Nachbarn hinter der Gartenmauer, der sämtlichen Vorurteilen zu entsprechen scheint. Doch dann passieren Dinge, die ihr Weltbild ins Wanken bringen. Sie trifft Menschen, die in kein Raster passen, und steht vor einer Herausforderung, die Antwort auf die große Frage verlangt, worauf es im Leben eigentlich ankommt.

Juli Zehs neuer großer Roman erzählt von unserer unmittelbaren Gegenwart und den Menschen, die sie hervorbringt. Von ihren Befangenheiten, Schwächen und Ängsten. Und von ihren Stärken, die zum Vorschein kommen, wenn sie sich trauen, Mensch zu sein.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.08.2024

Flucht aufs Land

1

Schon in >Unterleuten> hat Juli Zeh einen Großstädter aufs Land geschickt und damit in ein völlig anderes Leben geworfen. Daran hat mich dieses Buch erinnert, das allerdings viel komprimierter war und ...

Schon in >Unterleuten> hat Juli Zeh einen Großstädter aufs Land geschickt und damit in ein völlig anderes Leben geworfen. Daran hat mich dieses Buch erinnert, das allerdings viel komprimierter war und sich deshalb auch besser lesen ließ.

Diesmal ist es Dora, die das Weite sucht. Als Werbefachfrau wurde sie während der Corona-Krise ins Homeoffice verbannt, was zu Kompetenzschwierigkeiten mit ihrem Partner und schließlich zur Trennung führte. So sucht sie sich ein neues Domizil in der Provinz, wo sie ein altes Haus mit großem Grundstück auf Vordermann zu bringen versucht.

„Während die besser verdienenden Großstädter in ihren Wohnungen verrückt werden, gräbt man in der belächelten Provinz die Gärten um und wartet auf Regen. Eine Weile steht Dora da und schaut dem Menschen beim Normal-Sein zu. Das tut gut. Die Banalität des Alltags. Sie hat nicht gewusst, wie wichtig das ist.“

Ihr glatzköpfiger Nachbar Gote stellt sich als „Dorf-Nazi“ vor, doch er zeigt sich auch als äußerst hilfsbereit. Ebenso sind auch andere Menschen des Dorfes zwar übergriffig, doch mit durchaus positiven Eigenschaften behaftet.

Alles in allem hat Juli Zeh einen herrlichen Unterhaltungsroman geschrieben, in dem sie Träume vom Landleben imaginiert. Zwischen den Zeilen stehen stehen viele Informationen. Der lakonische Schreibstil macht das Lesen zum Spaß und bringt alles auf den Punkt. In einer klaren Sprache setzt sie sich mit ihren Charakteren und deren inneren Konflikten auseinander und regt damit an, über die grundlegenden Fragen des Lebens nachzudenken.

Bei diesem Buch komme ich nicht umhin, meine Lieblingszitate anzuhängen:

„Das Wetter hat wohl beschlossen, erst mit dem blauen Himmel aufzuhören, wenn die Vegetation vernichtet ist.“

„Die Vertreibung aus dem Paradies erfolgte nicht durch den Verzehr eines Apfels, sondern druch die Erfindung der Uhr.“

Fazit: Sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Prädikat wertvoll.

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"In Zeiten von George Floyd geht sie mit einem Nazi zum Fest. Es gelingt ihr einfach nicht, eine Haltung zu finden. Vielleicht, denkt Dora, ist das Einnehmen von Haltungen nur so lange richtig und wichtig, ...

"In Zeiten von George Floyd geht sie mit einem Nazi zum Fest. Es gelingt ihr einfach nicht, eine Haltung zu finden. Vielleicht, denkt Dora, ist das Einnehmen von Haltungen nur so lange richtig und wichtig, wie man die Dinge aus sicherer Distanz betrachtet." (S. 350)

Dora hält ihr Leben in Berlin nicht länger aus. Ihre Beziehung mit Robert, dem fanatischen Weltverbesserer. Die Arbeit in der Agentur, bei der ein Projekt das nächste jagt. Eine Pandemie, die selbst den Rationalsten den letzten Nerv raubt. Das Karussell in ihrem Kopf, das niemals anhält. Die kribbelnden Bläschen, die in ihrem Körper aufsteigen und sie nicht ruhen lassen. Hals über skopf und völlig unvorbereitet flieht Dora mit ihrem Hund Jochen aufs Land, nach Bracken. Ihre Erwartung: Ruhe, Gartenarbeit, Kopfkino aus. Die Realität: Im Nachbarhaus der Dorfnazi Gote, schrullige Persönlichkeiten überall und mehr Zwischenmenschliches, als ihr lieb ist. Wohl oder übel muss Dora sich nun mit Themen auseinandersetzen, die ihr Weltverständnis und ihre Werte auf Herz und Nieren prüfen...

Juli Zehs neuer Roman ist eine Wucht. Er ist so brandaktuell, dass es schmerzt. Unbequem, fordernd, absolut auf dem Punkt. Denn Juli Zeh macht es weder sich, noch ihren Leser:innen leicht. Einfache Antworten gibt es bei ihr nicht. Die Welt ist nicht schwarz oder weiß, gut oder böse, richtig oder falsch. In ihren Romanen menschelt es, hier hat jede:r ein Päckchen zu tragen, keine Begegnung verläuft nach Schema F. Die Figuren sind vielschichtig und komplex und lassen sich nicht in lineare Handlungsmuster stecken.

Meisterhaft verpackt Zeh Situationen und Gefühle in klare, pointierte Gedankengänge und messerscharfe Beobachtungen. Treffsicher skizziert sie das Unwohlsein unserer modernen Gesellschaft aufgrund der sich rasant verändernden Welt, die Überforderung und Hilflosigkeit des Einzelnen hinsichtlich der globalen Zusammenhänge, aber auch scheinbar nichtige Alltagsprobleme. Dazwischen blitzt immer wieder ihr trockener Humor durch, der die Figuren liebevoll auf die Schippe nimmt. Es geht um Rassismus, Idealismus, Gutmenschentum und Mitmenschlichkeit. Es geht um das Finden einer Haltung und eines Standpunktes in einer Welt, deren Gewissheiten sich sukzessive auflösen. Und es geht um den größten Feind, den es zu bekämpfen gilt: die Angst vor der eigenen Courage.

Das ist Gesellschaftsanalyse und -kritik on point. Ein Roman von Juli Zeh ist wie Programmkino - Unterhaltung mit Mehrwert. Prädikat wertvoll.

"Es geht nicht darum, wozu man fähig ist. Es geht auch nicht darum, wer was verdient hat. Nicht einmal darum, für oder gegen Nazis zu sein. Das Zauberwort heißt 'trotzdem'. Trotzdem weitermachen, trotzdem da sein." (S. 340)

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Veröffentlicht am 13.01.2024

Menschlichkeit

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Ich habe diesen Roman bereits zum 2. Mal gelesen und wieder lässt er mich begeistert aber auch ganz schön zerstört zurück.

Dieses Buch spielt mitten in der Coronazeit und holte mich zurück in teilweise ...

Ich habe diesen Roman bereits zum 2. Mal gelesen und wieder lässt er mich begeistert aber auch ganz schön zerstört zurück.

Dieses Buch spielt mitten in der Coronazeit und holte mich zurück in teilweise schon vergessene oder eher verdrängte Zustände wie geschlossene Geschäfte, Ausgangssperren usw. Wir erfahren hier wie unterschiedlich mit der Situation in Städten und Dörfern umgegangen wurde aber eigentlich geht es ums Mensch sein. Was macht einen guten Menschen aus? Hilft man denen, die es vielleicht in den Augen anderer nicht verdienen? Wie gehen wir mit unseren Ängsten und Vorurteilen um? Für mich ein großartiger Roman, den ich sicher auch noch ein 3. Mal lesen werde.

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Veröffentlicht am 01.12.2023

Mensch sein

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Die Coronaregeln haben Deutschland fest im Griff. Dora hat mit Sorge den Veränderungen ihres Freundes Robert zugesehen. Erst hat er fanatisch den Klimaschutz propagiert nun ist er in den Coronadiskussionen ...

Die Coronaregeln haben Deutschland fest im Griff. Dora hat mit Sorge den Veränderungen ihres Freundes Robert zugesehen. Erst hat er fanatisch den Klimaschutz propagiert nun ist er in den Coronadiskussionen voll in seinem Element. Dora findet sich in diesem Leben mit ihm nicht mehr wieder. Sie kauft ein Haus in einem kleinen Ort in Brandenburg. Weit weg von Berlin, wo Häuser noch für Normalsterbliche bezahlbar sind. Hier findet sie sich plötzlich mit Menschen konfrontiert, denen sie in der anonymen Großstadt aus dem Weg gehen kann und die Dinge sagen, die nicht zum Berliner Mainstream passen wollen.
Ich muss zugeben, als ich das Buch begann und feststellte, dass es in der Coronazeit spielt, habe ich erstmal gezuckt und es zuerst wieder weggelegt. Doch die schon sehr reizvollen ersten Seiten haben mich dazu gebracht es doch weiterzulesen. Und es hat sich mehr als gelohnt. Juli Zeh hat die Gabe zielsicher den Kern der gesellschaftlichen Probleme zu treffen. Alles, was ich selber so in dieser Zeit wahrnehme, anstrengend und ärgerlich finde, jedoch irgendwie auch nicht richtig greifen kann, bringt sie mit einer Selbstverständlichkeit auf den Punkt, dass die Erkenntnis wie ein rotes Licht leuchtet. Es gibt nicht nur „den Nazi“, „den Coronaleugner“, „den Klimaaktivisten“, den „AfD-Wählern“ usw. alle sind Teil unserer Gesellschaft und sehr vielschichtige Menschen. Ich habe fast bis zum Schluss gedacht, wie kann sich Dora mit „dem Nazi“ abgeben, ob er am Ende noch eine Erkenntnis haben wir, sich reumütig ändert und mit den „Pflanzkanaken“ Freundschaft schließt, bis ich begriff, dass es hier nicht um Läuterung geht, sondern über Menschen, so wie sie sind und nicht so wie sie vielleicht besser wären. Wer auch immer darüber urteilen möchte, was dieses „besser“ ist. Für mich war es ein wirklich tolles Buch mit einem Blick aus der Vogelperspektive auf unsere Gesellschaft.

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Veröffentlicht am 13.10.2023

Menschlich und mutig

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Nach "Unterleuten" wollte ich dann auch "Übermenschen" lesen. scheint doch eine Verwandtschaft auf, die sich alsbald zeigt: Der Roman spielt auch auf dem Lande. Eine freudig erregte Berlinerin flieht vor ...

Nach "Unterleuten" wollte ich dann auch "Übermenschen" lesen. scheint doch eine Verwandtschaft auf, die sich alsbald zeigt: Der Roman spielt auch auf dem Lande. Eine freudig erregte Berlinerin flieht vor ihrem von Coronaangst geplagten Freund nach Brandenburg und fühlt sich gleich viel besser. Dann entdeckt sie direkt auf dem Nachbargrundstück den Nazi. Und der hat auch ein Kind.
Wohl wissend, dass sie nicht eingerichtet ist, kaum jemanden kennt und man im Dorf fast jeden mal braucht, schließt sie nicht uneigennützig einen Burgfrieden mit ihm. Hätte sie eine Feindschaft spüren lassen, hätte es Polizei, von denen man realiter nicht weiß, wie sie eingestellt ist und bald Gerichtsverhandlungen gegeben. Jedenfalls so läuft das in dauerhaften feindlichen Nachbarschaften auf dem Dorf ab. Das kostet Geld und sehr viel Nerven und bringt gar nichts „Unter Leuten“ war schon sehr gut, aber nach der Lektüre von „Über Menschen“ fehlt mir der sechste zu vergebende Stern.
Unglaublich mit welcher Klugheit, Empfindsamkeit, Aufmerksamkeit und Menschenliebe Juli Zeh diese Geschichte erzählt. Das ist ganz große Literatur.

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