Ein wenig mehr Magie
F. T. Lukens "In Deeper Waters" handelt von dem jungen magiebegabten Prinz Tal, der auf seiner coming-of-age Reise in die Intrigen und Politik des Reiches verwickelt wird. Behütet und versteckt aufgewachsen, ...
F. T. Lukens "In Deeper Waters" handelt von dem jungen magiebegabten Prinz Tal, der auf seiner coming-of-age Reise in die Intrigen und Politik des Reiches verwickelt wird. Behütet und versteckt aufgewachsen, muss er seine Magie unterdrücken, um nicht zur Zielscheibe von Hass zu werden. Magie wird nicht gern gesehen seit Tals Großvater, die seine tyrannisch missbraucht und dem Reich großen Schaden zugefügt hat.
In einer Welt die Tal nicht kennt und die seine Magie nicht akzeptiert, lernt er Athlen kennen und verspürt eine ungewöhnliche Anziehungskraft zu dem jungen Mann.
Beim Versuch sich und sein Königreich zu retten, erweist sich Athlen als treuer Freund. Gemeinsam versuchen sie, herauszufinden wer sie sind und gleichzeitig Thals Familie und Reich vor dem Untergang zu bewahren.
"In Deeper Waters" ist ein Fantasie-Roman, der eine vielseitige Spannweite an aktuellen Themen aufgreift, allen voran Gleichheit, Liebe, Freundschaft, Zusammenhalt und Selbstfindung und - Vertrauen.
Zu Beginn steigt man recht abrupt in die Handlung ein, ohne größere Informationen über den Kontext, der Geschichte. Erzählt wird aus der Sicht von Tal in der dritten Person. Erscheint der Einstieg in die Geschichte zunächst etwas öde und ziehend und der Charakter Tals naiv und unerfahren bis gerade zu kindlich so ändert sich das innerhalb kürzester Zeit und die Geschichte gewinnt an Spannung und Schwung. Das Treffen von Tal mit Athlen führt den zweiten Hauptprotagonisten ein und sorgt für tiefere Einblicke in die Hintergründe der Geschichte und Tals Charakter. Im Verlauf der Geschichte und ausgelöst durch diverse Problemsituationen und durch Athlen entwickelt sich der Charakter Tals von einem naiven Jungen hin zu einem zielstrebigen, selbstbewussten, intelligenten jungen Mann. Diese Charakterentwicklung ist schön und subtil ins Gesamtgeschehen integriert und wird unterstützt und trägt die Geschichte. Tals Familiensinn und deren Umgang und Vertrauen untereinander, für eine adelige Großfamilie erstaunlich, ist ein weiterer Antrieb der Geschichte und fügt sich ähnlich harmonisch in die Handlung und das Verständnis über die Charaktere ein. Tal liebt seine Familie, obwohl sie ihn versteckt hielten, er vertraut ihnen und weiß, dass er immer einen Rückhalt in ihnen finden kann. Für seine Familie und sein Reich scheint Tal alles zu geben. Dies wirkt sich stark auf die gesamte Handlung aus und auch auf seine Beziehung zu Athlen.
Die Beziehung zu Athlen ist ein weiterer dominanter Bestandteil der Geschichte. Trifft Tal Athlen zunächst als Gefangenen an, erkennt er in ihm jedoch schnell etwas Besonderes. Er spürt eine starke Anziehungskraft zu dem jungen Mann, die er vorher noch bei keinem verspürt hat. Was zunächst auf freundschaftlicher Ebene abläuft, geht schnell ins Romantische über. Es wird klar, dass Tal bisexuelle interessiert ist, jedoch zeigt er die gesamte Geschichte lang nur Interesse an Athlen. Die Entwicklung der Beziehung der beiden wird rasch eingeführt und ausgespielt und geschieht fast schon unnatürlich schnell. Dies wird durch die Handlung unterstützt und tut keinen Abbruch, nimmt dem ganzen aber Realität, Glaubwürdigkeit und in gewisser Weise auch Tiefgründigkeit. Entspricht aber der romantisierten Idee der "Liebe auf den ersten Blick" und der impulsiven Gefühlswelt eines Teenagers.
Die Handlung ist ebenfalls etwas sprunghaft aber gut ausgeführt und hält die Spannung gut. Sie wird gut getragen von den Charakteren aber vor allem auch dem Schreibstil. Schreibstil und Wortwahl ermöglichen einen schönen Lesefluss, abgesehen von der unglücklichen Übersetzung/Verwendung des Coming-of-Age-Begriffs. Bildreich und doch nicht zu überladen schafft der Autor einen schönen Einblick ins Geschehen, in die Gefühlswelt und gibt dem ganzen sprachliche und visuelle Tiefe. Leicht verständlich und angenehm zu Lesen, verleitet er einen immer weiter zu lesen, selbst wenn Charakter oder Handlung gerade etwas schwächer sind.
Die Handlung ist konsequent, packend und aufbauend. Ein wenig vorhersehbar, was aber durch Kreativität und Sprache ausgeglichen werden kann. Im Fokus stehen klar die Figuren und nicht die Entwicklung einer völlig neuartigen Welt. Das Prinzip der Magie ist nicht neu und auch die weltliche Aufteilung nicht. Es wird gut mit Bekanntem gespielt und durch erfrischende Merkmale aufgewertet. Die Spannung findet schlussendlich kurz vorm Ende ihren Höhepunkt und wird dort gut gehalten bis zur Auflösung der Problematik. Dennoch ist das Ende geradezu vorhersehbar und gewöhnlich und dreht sich hauptsächlich nur noch um das persönliche Liebesglück der Charaktere.
Anschließend kann man sagen, dass das Buch klare Charakteristiken des Fantasie-Genres aufweist, aber gerade auch am Ende deutlich ist, dass es eben doch hauptsächlich um die Liebesbeziehung von Tal und Athlen geht. Es wird viel mit Spannung, Aktion und Mythischem gearbeitet um gerade auch die Anziehungskraft und Bindung der Beiden zu legitimieren und vertiefen. Sogar der Titel des Buches "In Deeper Waters" scheint sich auf die Beziehung der Beiden zu beziehen und weniger auf die Handlung und Geschichte.
Zum Schluss möchte ich konkreter auf meine persönliche Meinung eingehen.
Zunächst ein paar Worte zu den Äußerlichkeiten: beim bewerben für die Leseprobe, habe ich das Cover kritisiert, dabei möchte ich auch bleiben. Die Farbgebung ist zu einseitig, zu aufdringlich und zu sehr auf den queeren Inhalt anspielend,etwas, dass das Buch absolut gar nicht nötig hat. Die abgebildete Figur hat für mich absolut keine Verbindung zu einem der beschriebenen Charaktere, auch wenn ich vermute, dass sie natürlich Tal, darstellen soll.
Den Titel hab ich zunächst auch fast gar nicht in Verbindung mit dem Buch bringen können, erst nach einigem nachdenken, steht er für mich für die Beziehung der beiden Protagonisten. Die ganze Aufmachung von Titel und -Bild, lässt auf eine Piratengeschichte vermuten, was aber überhaupt keine Rolle in der Geschichte spielt.
Nun zu dem Inhalt:
Es funktioniert und das sogar gut, entgegen meiner Erwartungen. Schreibstil, Handlung, Charaktere regen einen zum Weiterlesen an und bilden ein schönes Gesamtkonzept. Am meisten bin ich begeistert von der dargestellten Charakterentwicklung, die natürlich wichtig für den Plot ist, aber dennoch so gehalten, dass man Tal zu jederzeit als Selbst akzeptiert. Er verändert sich nicht komplett in etwas neues, sondern bleibt sich treu. Sein Umgang mit seiner Magie ändert sich zusammen mit seinem Charakter, dennoch würde ich mir hier ein wenig mehr Präsentation wünschen. Auch mehr Kontext zu seinen Fertigkeiten und den der anderen magisch Begabten wäre erfreulich.
Ein wenig aufgesetzt finde ich die Beziehung zu Athlen. Die rasante Entwicklung innerhalb kurzer Zeit, die tiefe und enge Verbundenheit die Tal empfindet, hätte für meinen Geschmack besser ausgespielt und vor allem begründet sein dürfen. Dennoch funktioniert es. Man hat Spaß beim Lesen, will mehr über die Welt herausfinden und wissen wohin es die beiden noch bringen wird.
Alles in allem ist es gut gelungenes Buch, mit soliden Charakteren und Handlungssträngen, einem tollen einfachen aber bildreichen Erzählung- und Schreibstil und einer zwar nicht neuen aber guten Grundidee. Der queere Inhalt ist ohne Auffälligkeiten eingefügt und tut genau das was er sollte, nämlich einfach da sein und in all seinen Formen akzeptiert werden. Wer Liebesgeschichten mag ist hier genau richtig und auch das Fantasie-Genre wird gut bedient.
Ich für meinen Teil bin gespannt auf die Fortsetzung und hoffe noch auf ein wenig mehr Magie.