Leserunde zu "Heult leise, Habibis" von Sineb El Masrar

Wir müssen auch den leisen Stimmen zuhören
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Mit Autoren-Begleitung
Sineb El Masrar (Autor)

Heult leise, Habibis

Die größte diverse Minderheit sind die vernünftigen Stillen. Es ist an der Zeit, sie in unserer Gesellschaft mitzudenken und zu berücksichtigen. Dieses Buch richtet sich gegen alle ignoranten Dauerempörten, die getrieben von ihren Komplexen ihre eigene Perspektive als Nabel der Welt verstehen und nicht einsehen wollen, dass sie vernunftbegabte Stimmen mit ihrem Egoismus mundtot machen und damit unsere Demokratie gefährden.

Während die Lauten also einfach mal leiser werden müssen, müssen die vernünftige Stillen lauter werden. Es braucht dringend ein neues Gleichgewicht der Stimmen, wenn wir unsere Gesellschaft nicht in den Abgrund führen wollen.

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 25.03.2024 - 07.04.2024
  2. Lesen 15.04.2024 - 28.04.2024
  3. Rezensieren 29.04.2024 - 12.05.2024

Bereits beendet

Schlagworte

Streit Konflikt Empörung Widerstand Demonstrationen Social Media Hass Beleidigungen Gewalt Debattenkultur Diskussionskultur Ignoranz Toleranz Minderheiten Vernunft Jammern Isolation Eskalation woke Drohungen Lösungen Feminismus Rassismus Diskriminierung Antisemitismus Demokratie Zeitenwende Verantwortung Plädoyer Kraft Stillen Protest Frieden Krieg USA Israel Gaza Europa Italien Brasilien Libanon Iran Irak Russland Ukraine Türkei Politik und Gesellschaft

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 02.05.2024

Dauererregung und Polarisierung sind eine Gefahr für unsere Demokratie und gehen damit uns alle etwas an

5

In diesem eher schmalen Essay zeigt Sineb El Masrar auf, wie eine gesellschaftliche Dynamik entstanden ist, in der die Extrovertierten und Lauten immer lauter werden und damit vernünftigen, ausgewogene ...

In diesem eher schmalen Essay zeigt Sineb El Masrar auf, wie eine gesellschaftliche Dynamik entstanden ist, in der die Extrovertierten und Lauten immer lauter werden und damit vernünftigen, ausgewogene Stimmen in den Hintergrund geraten und so letztlich auch in den Debatten um die Zukunft unserer Demokratie fehlen. Die Autorin liefert interessante Denkanstöße und sensibilisiert für gesellschaftliche und diskursive Dynamiken, die letztlich unsere Demokratie bedrohen können. Der Schreibstil ist eingängig und leicht zu folgen.

Was mich nicht überzeugt hat, ist das fast vollständige Ausblenden struktureller Faktoren in der Analyse bei gleichzeitiger Überbetonung diskursiver und psychoanalytischer Elemente, die vermeintlich monokausal zu bestimmten gesellschaftlichen Konsequenzen führen. So wird beispielsweise der NSU als Folge der von der Autorin beschriebenen kommunikativen Dynamik genannt. Hier bedient die Autorin sich ähnlicher Werkzeuge, die sie an anderer Stelle kritisiert. Während sie Ideologisierung und Polarisierung über weite Strecken sehr gut und nachvollziehbar als problematisch herausarbeitet, zur besonnenen Reflexion aufruft, verfällt die Schrift selbst im Verlauf in den Dienst der Proklamation sehr einseitiger Positionen der Autorin und der Überlegenheit eines wirtschaftsliberalen Konservatismus.

Insbesondere in der zweiten Hälfte verliert das Buch damit für mich an Stärke. Dieser Eindruck wird zusätzlich dadurch verfestigt, dass zunehmend einige Gedankengänge und Argumente in sich inkonsistent, eindimensional und auch redundant sind, andere scheinen wiederum selbst einer Aufmerksamkeitslogik zu folgen, wie wenn die Autorin unter Orgasmische Polarisierung die Sexualisierung von Polarisierung ausführt. Von einem soziologisch und sozialpsychologisch geschulten Lektorat hätte die Schrift sicher profitiert, insbesondere mit Blick auf die einschlägigen theoretischen Grundlagen zu sozialer Identität und Intergruppenkonflikten.

Einer starken ersten Hälfte, die viele wichtige Denkanstöße liefert und mit einer erfrischend ausgewogenen Analyse und Betrachtung überzeugt, steht so ein deutlich schwächerer zweiter Teil gegenüber, in dem die Autorin in der Umsetzung dem eigenen, zuvor formulierten Anspruch leider nicht gerecht werden kann. Das Ziel der Schrift bleibt damit letztlich unklar.

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Heult leise, Habibis! - Erst nachdenken, dann wundern

7

Das Buch beschreibt die Lauten und die Leisen einer empörten Gesellschaft und ihre Hintergründe. Warum sind die Menschen wie sie sind? Warum verhalten sie sich wie sie sich verhalten? Eine Analyse einer ...

Das Buch beschreibt die Lauten und die Leisen einer empörten Gesellschaft und ihre Hintergründe. Warum sind die Menschen wie sie sind? Warum verhalten sie sich wie sie sich verhalten? Eine Analyse einer Gesellschaft, die ihre Mitte verloren zu haben scheint.
Ein Aufruf dazu, die Blickrichtung zu ändern, zu hinterfragen, zu verstehen und vor allem: zu diskutieren. Und zwar miteinander und nicht gegeneinander.
Ein starker Einstieg in ein leicht zu lesendes Buch mit ernster Thematik, das vom Schreibstil her absolut überzeugt. Wichtige Themen werden in Kapiteln beleuchtet und analysiert. Inhaltlich regt das Buch sicher zum Nachdenken an und dazu, auch seine eigene Diskussionskultur und -bereitschaft zu hinterfragen.
Der Blick auf einzelne Teile der Gesellschaft und ihre Bewertung ist mir an vielen Stellen dann aber doch zu einseitig und zu pauschalisiert.
Die erste Hälfte des Buches hat mich absolut abgeholt. Umso mehr habe ich mich gewundert über den Inhalt der zweiten Hälfte. Hier sprang mir Polemik und schwarz-weiß-denken auf jeder Seite entgegen. Ich habe mich gefragt, ob den Teil wirklich die gleiche Autorin geschrieben hat. Es kam mir fast vor, wie zwei verschiedene Bücher. Leider hat mich ab etwa der Hälfte die Autorin verloren...
Die zweite Hälfte habe ich mit durchgehend hochgezogener Augenbraue gelesen und meine anfängliche Euphorie ist schnell verflogen. Da hat ein seltsamer Umschwung mitten im Buch stattgefunden, für den mir keine Erklärung einfällt.

Schreibstil: Hervorragend

Cover: Sehr gelungen, sowohl Titel, als auch Gestaltung (Der Schutzumschlag verdient allerdings seinen Namen in dem Fall nicht)

Inhalt: anfangs sehr stark, dann nachlassend

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Zu viele Klischees, zu viel Schwarz und Weiß

7

„Heult leise, Habibis!“ von Sineb El Masrar
Worum geht´s?
Das Buch soll die „vernünftigen Stillen“ dazu anregen, ihre Stimme einzusetzen, damit nicht immer nur die Lauten zu hören sind, die oftmals polarisieren ...

„Heult leise, Habibis!“ von Sineb El Masrar
Worum geht´s?
Das Buch soll die „vernünftigen Stillen“ dazu anregen, ihre Stimme einzusetzen, damit nicht immer nur die Lauten zu hören sind, die oftmals polarisieren und die Gesellschaft spalten.
Das Buch ist in drei Abschnitte geteilt, im ersten versucht die Autorin beide Seiten, extrovertierte Laute und introvertierte Leise zu analysieren, warum sie sich so verhalten, wie sie sich verhalten.
Sie richtet das Buch an „ignorante Dauerempörte“ (schön formuliert) und versucht ihr Tun mit verschiedenen psychologischen Erklärungsansätzen zu entschlüsseln.
Im ersten Teil des Buches beschreibt sie zudem die Medienlandschaft und verschiedene Effekte, die die Leute, die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit auf sich ziehen wollen, benutzen. Interessant hierbei waren besonders der „Lady Di“ Effekt und das „Fremdweinen“.
Teil 2 soll dann einige Lösungsansätze aufgreifen, wie z.B. eine gesunde Identitätsbildung, geht dann aber auch wieder auf vermeintliche Ursachen wie Vaterlosigkeit ein.
Im dritten Teil führt sie an Beispielen wie z.B. Bin Laden und Hitler vor, wie diese das Volk verhetzten und eine Vielzahl darauf hereinfiel bzw. fällt und aus welchen Gründen. Und dass dagegen die „vernünftigen Stillen“ ihr Wort in die Waagschale legen sollen.
Vieles bringt die Autorin in den Kontext des dritten Reichen oder des Israel-Palästina Konfliktes, der ehemaligen DDR oder Islamisten, auch zu Hetzkampagnen auf Social Media.
Sinen El Masrar ist 1981 in Hannover geboren, ihre Eltern stammten aus Marokko. Sie ist als Autorin, Moderatorin und Journalistin sowohl in Print als auch in Online-Medien tätig. Zum Beispiel auf „Twitter-X“ ist sie auf social media aktiv.

Meine Meinung:
Der erste Buchabschnitt hat mich zum großen Teil noch überzeugt, ich fand die Gedankengänge ganz interessant, wenn auch nicht immer stimmig.
Besonders dass sie das Buch an „ignorante Dauerempörte“ richtet, die es lesen sollen. Erstens: wer würde sich von sich aus zu dieser Gruppe zuordnen und zweitens das Buch, in dem diese Gruppe von vorne bis hinten kritisiert wird, lesen?
Gut, sie will auch „vernünftige Stille“ motivieren, ihr Wort zu erheben. Aber gerade, dieses Polarisieren und schwarz-weiß Denken, prangert sie an und benutzt es dann selbst. Stille – sind nicht immer vernünftig, intelligent und auf der „richtigen“ Seite. „Laute“ richten nicht immer Schlechtes an, sind nicht immer auf der „falschen“ Seite. Social Media Leute liefern nicht nur Fake News und bekommen erotische Gefühle, wenn sie viele Likes und Aufmerksamkeit auf ihre polarisierten News bekommen. Und: es gibt nicht nur „Stille“ und nicht nur „Laute“, sondern dazwischen jede Menge Nuancen.
Kinder, die ohne Vater aufwachsen, bekommen nicht automatisch Störungen sexueller oder beruflicher Art . Dies nur ein Beispiel von vielen, das mich im zweiten Teil enorm störte und ich froh war, als ich das Buch ausgelesen hatte. Als sie dann noch Klischees über die ehemalige DDR brachte, Alleinerziehende und Ödipuskomplex fast gleich setzte, war für mich das Maß voll.
Der zweite Abschnitt fing sinngemäß an, als sich 2 Wessis und ein Ossi tief im Osten trafen und das Gespräch so lief: von DDR und dass sich Demokratien nicht nur durch Wahlen legitimieren auf Wahlen in der Türkei, Erdogans Drohung mit „Halbmond gegen Kreuz“, Judenhass, Palästina-Israel-Konflikt, antidemokratische Machtübernahme nicht nur durch Putsch – das alles auf sechs Seiten, das war mir alles sehr verkürzt, sehr oberflächlich aneinander gereiht.
Das Cover mit dem Auge und des etwas provokanten Titels finde ich gelungen, allerdings ist der Schutzumschlag von schlechter Qualität, knittert sehr leicht und hat eine grauenvolle Haptik. Der Schreibstil ist in Ordnung, psychologische Hintergründe sind so erklärt, dass sie leicht zu verstehen sind.
Fazit:
Mäßige Leseempfehlung.
Die, an die es zum einen gerichtet ist, werden es kaum lesen und sich um 180 Grad (oder waren das 360 Grad? ändern. Die, die lauter werden sollen, werden dadurch wahrscheinlich ihr Verhalten auch nicht ändern. Sie werden auch kaum in der Politik oder Gesellschaft was ändern können, denn wie in Talkrunden, werden Gespräche nicht moderiert und Introvertierte so wohl nicht zu Wortführern.
Einige der Erklärungen und Ansichten der Autorin haben mich richtiggehend abgestoßen, diese Beispiele fand ich sehr einseitig, überholt bzw. nicht richtig.
Auch hätten meiner Meinung nach z.B. politische Instrumentarien, wie das Schweizer System der Volksabstimmung oder andere Entscheidungsgremien zu den Lösungsansätzen gehört.
2 von 5 Sternen.

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