Wie man keinen Krimi schreibt
Eva stalkt ihren Exmann Svante, der in eine exklusive Wohngegend gezogen ist. Früher war an gleicher Stelle eine psychiatrische Anstalt. Als Svante ermordet wird, fällt der Verdacht auf Eva und die einzige ...
Eva stalkt ihren Exmann Svante, der in eine exklusive Wohngegend gezogen ist. Früher war an gleicher Stelle eine psychiatrische Anstalt. Als Svante ermordet wird, fällt der Verdacht auf Eva und die einzige Zeugin, eine Bettlerin, ist spurlos verschwunden.
Die Zusammenfassung hört sich nicht mal schlecht an; der Klappentext hatte mich neugierig gemacht und ich, als Laie, glaube, dass man daraus einen spannenden Krimi hätte schreiben können. Leider versagt die Autorin, und es hat nicht viel gefehlt, dass ich nach dem Zuschlagen die gesamten 512 Seiten an die Wand geworfen hätte. Aber der Reihe nach.
Der Anfang hat mir gut gefallen. Obwohl, oder gerade weil mir Eva nicht sympathisch war. Das erste Drittel liest sich wie ein gewöhnlicher Krimi, und ich war gespannt, wie es weitergeht. Da hätte ich schon merken müssen, worauf es zweiten Drittel hinausläuft. Tove Alsterdal erzählt, gut recherchiert, die Geschichte der Roma und weil das noch nicht reicht, werden auch alle Flüchtlinge dieser Welt in dem Buch bedacht. Dass das keine lustige Geschichte ist, war mir vorher schon klar, aber wenn ich mich darüber informieren möchte, dann lese ich direkt ein Sachbuch; denn in einen Krimi gehört das in dieser Ausführlichkeit nicht! Im weiteren Verlauf fährt Eva dann nach Berlin, holt ihren verzogenen Sohn ab und die beiden fahren weiter nach Rumänien, um die verschwundene Bettlerin zu finden. Mittlerweile bin ich auch noch in einem Roadtrip gelandet...aber in einem sehr schlechten. Die Dialoge sind an Langeweile und teilweise auch an Dümmlichkeit nicht zu übertreffen. Den erhobenen Zeigefinger der Autorin konnte ich zum Ende des zweiten Drittels auch nicht mehr ertragen.
Das Problem bis dahin ist außerdem das Fehlen jeglichen Sympathieträgers. Im zweiten Erzählstrang tut sich da auch nichts (irgendwas über verweste Leichen, die Kinder beim Nachspielen von Game of Thrones entdecken). Alle gingen mir auf die Nerven. Ach, fast vergessen...Ermittlungen der Polizei finden nur im Off statt, so dass sich auch kein Ermittler hervortun kann.
Als das letzte Drittel begann, war ich im Grunde schon kurz vor dem Aufgeben. Doch da ändert sich zunächst alles. Ein Sympathieträger, die Krankenschwester Ulla, taucht auf und die Ermittlungen der Polizei rücken plötzlich in den Vordergrund. Hat da die Autorin gemerkt, dass sie bisher irgendwas (um nicht zu sagen: Alles) falsch gemacht? Bis 50 Seiten vor Schluss nimmt der Roman endlich Fahrt auf, bisher war die Spannung entlang der Nulllinie verlaufen. Aber was die Autorin dann als Auflösung präsentiert ist konstruiert, nein, falsch formuliert: Das ist absoluter Nonsens! Ich glaube, ich habe den Kopf geschüttelt und gedacht: Für diese Auflösung habe ich den ganzen Mist durchgestanden?
Für mich definitiv das erste und das letzte Buch der Autorin. Wahrscheinlich wollte sie eine Kombination aus Sachbuch, Krimi, Roadtrip und Roman schreiben und ist an ihren Mitteln gescheitert. Aber, um auch etwas Positives zu sagen: Vielleicht ist das der neue Kriminalroman, der ganz anders daherkommt; nicht nur unterhalten, sondern auch belehren will. Für mich ist das jedenfalls nichts!
Ich habe den "Kriminalroman" in einer Leserunde gelesen und bedanke mich beim Verlag für das Freiexemplar.