Abschied vom Bradford-Clan
Nun ist es also soweit, mit Bourbon Lies hat die fesselnde Familiengeschichte um die steinreichen Bradfords und ihr Bourbon-Imperium zu einem würdigen Abschluss gefunden. Ich verlasse Easterly in Charlemont, ...
Nun ist es also soweit, mit Bourbon Lies hat die fesselnde Familiengeschichte um die steinreichen Bradfords und ihr Bourbon-Imperium zu einem würdigen Abschluss gefunden. Ich verlasse Easterly in Charlemont, Kentucky mit mindestens einem weinenden Auge, denn die Geschwister Gin, Lane und Edward sind mir im vergangenen Jahr richtig ans Herz gewachsen (ja, auch Gin! Eigentlich sogar: besonders Gin!), und die Vorfreude auf den jeweils nächsten Band war jedes Mal riesig.
Zum Einstieg stecken sie alle drei in einer mehr oder minder üblen Klemme, Lane versucht noch immer die Bradford Bourbon Company vor dem fast sicheren Untergang zu bewahren, Gin hat neben ihrem durchgeknallten Ehemann auch noch ein paar andere Baustellen, um die sie sich kümmern muss, und Edward hat es am schwersten erwischt. Mehr möchte ich an dieser Stelle zum Inhalt nicht verraten, denn falls jemand die Reihe noch nicht kennt: Lest sie unbedingt von Anfang an, es lohnt sich - versprochen!
(Band 1: Bourbon Kings / Band 2: Bourbon Sins)
Wie ich es von J. R. Ward inzwischen gewohnt bin, flogen die knapp 450 Seiten nur so dahin, die Lage scheint am Anfang noch in vielerlei Hinsicht ziemlich aussichtslos, so dass ich fast gezweifelt habe, ob sich bis zum Ende noch alles schlüssig aufdröseln lässt. Aber die Autorin hat es tatsächlich spielend hinbekommen, auch im letzten Band geht es temporeich voran, und die ein oder andere unerwartete Wendung sorgte wieder für jede Menge Verblüffung auf meiner Seite.
Die Figuren haben sich zum Teil zwar erstaunlich, aber dennoch glaubhaft, weiterentwickelt - besonders Gin hat es mir in dieser Hinsicht wirklich angetan. Zu Beginn der Handlung ganz das verwöhnte It-Girl, deren Lebensmotto "Was kostet die Welt?" zu sein scheint, und die mit ihrer Arroganz ganz schön an den Lesernerven zehrt, hat sich für mich zu einer echten Sympathieträgerin gewandelt. Für Lane gilt das ebenfalls, zu Beginn "von Beruf Sohn" und Profi-Pokerspieler, zwingen ihn die Umstände dazu, nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern für seine ganze Familie zu übernehmen. Und man kauft ihm wirklich ab, dass er das kann, auch wenn es vielleicht hauptsächlich daran liegt, dass er keine andere Wahl hat. Er wächst sozusagen mit seinen Aufgaben.
Auch die Nebenfiguren haben es mir ganz schön angetan, allen voran Samuel T. und Sutton Smythe. Obwohl es insgesamt nur wenige Kapitel aus ihrer jeweiligen Perspektive gibt, haben sie doch eine erstaunliche Tiefe und einen ganz eigenen Charakter, sodass sie bei mir einen intensiven Eindruck hinterlassen haben. Es gibt die Nebenfiguren nicht nur, um die Welt rund um die Bradfords zu bevölkern, auch die kleineren Rollen haben ihre eigenen Hintergrundgeschichten, die ihr Verhalten schlüssig werden lassen. Dieser Aspekt hat bei mir einen Großteil der Faszination für die Reihe ausgemacht, denn das gesamte Personal wirkt dadurch unglaublich lebendig und konnte bei mir enorme Sympathie, beziehungsweise in manchen Fällen auch Antipathie, entfachen.
Etwas Angst hatte ich vor dem großen Finale, so ein richtig kitschiges Friede-Freude-Eierkuchen-Ende hätte mir schwer zu schaffen gemacht, denn das wäre dieser Reihe voller fieser Intrigen und taktischer Winkelzüge, in der fast nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint, einfach nicht gerecht geworden. Aber auch hier hat J. R. Ward für meinen Geschmack genau die richtige Mischung aus traurig-melancholisch und versöhnlich-glücklich getroffen, sodass ich auf den letzten Seiten zwar noch ein paar Tränchen vergossen habe, das Buch aber zu guter Letzt trotzdem mit einem zufriedenen Seufzer zuklappen konnte.