Fesselnde Geschichte aber nichts für schwache Nerven
Zum Inhalt:
Die drei jungen Menschen Raechel, Rosetta und Rocco fliehen vor einem grausamen Leben in ihrer Heimat und machen sich auf den Weg in die neue Welt nach Argentinien. Im Gepäck haben sie viele ...
Zum Inhalt:
Die drei jungen Menschen Raechel, Rosetta und Rocco fliehen vor einem grausamen Leben in ihrer Heimat und machen sich auf den Weg in die neue Welt nach Argentinien. Im Gepäck haben sie viele Hoffnungen und den Traum von einer besseren, selbstbestimmten Zukunft. Schon bald müssen sie aber feststellen, dass „die neue Welt gar nicht neu ist“, sondern auch hier Regeln, Hierarchien und Vorurteile gelten. Der Weg zur Verwirklichung ihrer Träume ist für die drei jungen Menschen hart und steinig und stellt sie immer wieder vor schier unüberwindliche Herausforderungen.
Meine Meinung:
Luca die Fulvio ist ein großartiger Erzähler. Er entführt den Leser in die neue Welt (Argentinien) zu Beginn des 20. Jahrhunderts, mit all ihren Versprechungen auf ein besseres Leben.
Diesem Ruf folgen auch die drei überaus sympathischen Protagonisten. Zu viel möchte ich über die drei gar nicht schreiben, um nicht zu spoilern.
Raechel ist eine 13jährige Jüdin, die nach dem Tod des Vaters vor einer schrecklichen Zukunft mit der Stiefmutter aus Russland flieht und schnell lernen muss erwachsen zu werden. Raechel war mir von Anfang an sehr sympathisch und ihr Schicksal hat mich sehr mitgenommen. Sie ist ein unglaublich intelligentes, starkes und mutiges Mädchen. Manchmal wirkte sie mir allerdings zu erwachsen für ihr Alter.
Rosetta flieht aus Sizilien vor Demütigungen, Vergewaltigungen und einem psychopatischen Baron, der ihr nicht nur das Land sondern auch das Leben nehmen will. Rosetta ist stark und mutig. Sie wünscht sich ein selbstbestimmtes Leben, in dem Frauen genauso viel Wert sind wie Männer und nicht wie Tiere behandelt werden. Trotz allem was sie erlebt hat, hat sie den Glauben an das Gute und Gerechtigkeit nicht verloren und setzt sich selbstlos und mit viel Mitgefühl für andere Frauen ein.
Rocco weigert sich wie seine Vorfahren der sizilianischen Mafia beizutreten und flieht vor ihr und seiner Vergangenheit. Rocco war für mich zunächst etwas blass im Vergleich zu den beiden Frauen, wurde mir im Lauf der Geschichte aber immer sympathischer. Er hält an seinem Traum Mechaniker ohne die Hilfe der Mafia zu werden fest und bleibt sich selbst und seinen Werten treu.
Die drei Erzählstränge (einer für jeden Protagonisten) laufen nebeneinander her und treffen hier und da zusammen, was einen besonderen Reiz der Geschichte ausmacht.
Di Fulvios Schreibstil ist so flüssig, bildhaft und spannend, dass man nur so durch die Seiten fliegt. Leider brauchte ich trotzdem immer mal wieder eine Pause, um die Geschichte zu verarbeiten. Die Grausamkeiten und die Gewalt, die in nahezu jedem Kapitel beschrieben werden, sind sicherlich nichts für schwache Nerven. Insbesondere wie die Kinder behandelt werden hat mich sehr bestürzt. Sicher, so oder ähnlich war es vermutlich wirklich, aber muss man dies alles so detailreich beschreiben? Hier hätten mir oft oberflächliche Andeutungen genügt und einige Szenen hätte man auch weglassen können, ohne der Geschichte zu schaden. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass der Autor von Szene zu Szene nochmal einen draufsetzen musste und es somit immer grausamer wurde.
Am Ende der Geschichte hatte ich den Eindruck, dass der Autor schnell fertig werden musste. Es kam viel zu schnell und nach allem was vorher geschehen war wirkte es doch etwas unrealistisch. Mehr möchte ich hierzu wegen der Spoilergefahr aber nicht verraten.
Fazit:
Luca die Fulvio ist ein meisterhafter Roman gelungen, der den Leser in seinen Bann zieht und mit den drei sehr sympathischen Charakteren mitfiebern lässt.
Leider kommt fast kein Kapitel ohne sehr grausame Gewaltszenen aus, die in vielen Details beschrieben werden. Dies hat für mich den Lesegenuß extrem geschmälert. Auch gibt es innerhalb der Geschichte einige Unstimmigkeiten, die aber nicht weiter stören, wenn man das Ganze nicht zu sehr hinterfragt.
Daher gibt es von mir leider nur drei Sterne.