"Glück auf" im Essen der Nachkriegszeit
Eva Völler steht für garantiert gute Unterhaltung und spannende Geschichten, doch diesmal hat die Autorin sich noch einmal selbst übertroffen und mit ihrer neuen Ruhrpott-Saga ein wahres Highlight vorgelegt. ...
Eva Völler steht für garantiert gute Unterhaltung und spannende Geschichten, doch diesmal hat die Autorin sich noch einmal selbst übertroffen und mit ihrer neuen Ruhrpott-Saga ein wahres Highlight vorgelegt.
Der Klappentext umreißt kurz das Geschehen, aber dem Leser erwartet noch viel mehr. Ein mehr als facettenreicher Roman, der ein ungeheuer detailgetreues Bild der frühen 50er Jahre in Essen abbildet. Für viele Leserinnen und Leser wird es eine Reise in die Kindheit oder die ihrer Eltern sein. Es geht um das Leben der Familien nach dem Krieg, die Folgen sind immer noch zu spüren. Es geht um die Spätheimkehrer, die das Leben der Familien stark beeinflussen. Aber es geht auch um den Ruhrpott, um das Leben der Menschen, die Untertage arbeiten. Es geht um Träume und Liebe, es geht um Familiensinn und Freundschaft. Katharina ist eine sehr einnehmende Protagonistin, sie durchlebt im Laufe des Romans die reinste Gefühlsachterbahn, sodass der Leser automatisch sehr viel Empathie für sie empfindet. Johannes als männlicher Gegenpart bleibt im Gegensatz zu Katharina blasser, er wird zwar im Laufe des Romans immer stärker, bekommt aber von der Autorin nicht eine ganz so starke Stimme wie Katharina. Mine, die Schwiegermutter, ist eine sehr beeindruckende Frau, für die ich im Laufe des Romans immer mehr Sympathie empfunden habe. Sie ist eine echte Kämpferin und steht für diesen unnachahmlichen Schlag der Generation, die nach dem Krieg, aus dem Nichts eine neue Existenz aufbauen mussten. Hinzu kommt bei der ihr der Ruhrpott-Slang, der das Ganze noch authentischer macht.
Es gibt viele kleine Geschichten, die in dem Roman miteinander verwoben werden und somit wird die Spannung in dem Roman sehr hoch gehalten. Besonders im letzten Drittel des Romans überschlagen sich die Ereignisse und als Leser hat man kaum eine ruhige Minute. Mich hat die Konzeption des Romans komplett überzeugt und ich habe die Lesestunden sehr genossen. Der Roman ist in sich chronologisch aufgebaut, es gibt kleinere Zeitsprünge, die aber nicht weiter ins Gewicht fallen. Die Hauptstimme des Romans ist Katharina, aber als Leser haben wir auch Einblick in die Gedanken weiterer Figuren, was ein sehr komplettes Bild der Gesellschaft schafft. Der Roman ist in sich logisch und konsequent aufgebaut, welches zu einem sehr guten Leseerlebnis führt.
Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt sehr gut zu lesen und macht einfach Spaß. Mir hat besonders gut der Ruhrpott-Slang gefallen der zu einem ganz eigenen Flair beiträgt. Am Ende des Romans befindet sich ein Glossar, dass es auch Lesern aus anderen Gebieten / Mundarten erleichtert dem Roman schnell und unkompliziert zu folgen.
Der Roman ist sowohl für Frauen als auch für Männer geschrieben worden. Zwar ist Katharina eine starke Hauptfigur, da aber auch der Bergbau im Mittelpunkt steht und der von den Kumpeln bestritten wird, werden auch Männer interessiert sein.
Ein ganz wunderbarer Roman, dem ich sehr viele Leser wünsche, da er ein Stück deutscher Zeitgeschichte zum Leben erweckt. Es sollten viel mehr Bücher über die Nachkriegszeit geschrieben werden, da gerade die jüngeren Generationen nicht so viel über die Zeit ihrer Eltern und Großeltern in der Schule erfahren.
Ich bedanken mich sehr bei der Lesejury und dem Bastei Lübbe Verlag für die Bereitstellung des Rezensions- und Leseexemplars, sowie bei Eva Völler für die hervorragende Unterhaltung und die tolle Begleitung der Leserunde.