Leserunde zu "Marthas Widerstand" von Kerry Drewery

Was wäre, wenn nur noch über Fernsehvotings über Recht gesprochen würde?
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Kerry Drewery (Autor)

Marthas Widerstand

Sabine Bhose (Illustrator)

Martha ist des Mordes angeklagt und sitzt in der ersten von sieben Zellen. Sieben Tage lang stimmt das gesamte Volk darüber ab, ob sie freigesprochen oder in die nächste Zelle verlegt wird. Die Zellen werden dabei immer kleiner, genauso wie Marthas Chancen auf einen Freispruch. Denn die Umfragen zeigen, dass der Großteil der Bevölkerung sie sterben sehen will. Doch was wäre, wenn Martha genau darauf spekuliert?

Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt, bei dem es um viel mehr als ein einzelnes Menschenleben geht ...

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 12.06.2017 - 02.07.2017
  2. Lesen 31.07.2017 - 27.08.2017
  3. Rezensieren 28.08.2017 - 11.09.2017

Bereits beendet

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 28.08.2017

Klasse Idee - die Autorin hätte allerdings mehr daraus machen können

1

Ich liebe Jugendbücher und bin großer Fan davon, wenn diese sich auch noch mit gesellschaftskritischen Themen befassen. “Marthas Widerstand” tut genau dieses und nachdem mich der Klappentext des Buches ...

Ich liebe Jugendbücher und bin großer Fan davon, wenn diese sich auch noch mit gesellschaftskritischen Themen befassen. “Marthas Widerstand” tut genau dieses und nachdem mich der Klappentext des Buches restlos überzeugt hatte, war klar, dass ich mich auch dem Inhalt des Buches widmen muss.

Stellt euch ein Rechtssystem vor, in dem es weder unparteiische Richter noch eine faire Beweisführung gibt. Sondern einzig und allein die Bevölkerung per Telefon- oder Internetvoting – mit einem Anruf oder Klick – darüber entscheidet, ob ihr sterben oder leben werdet. Grausam? Gruselig? Unmenschlich? Ja! Und noch viel Schlimmeres!

Martha wird von der Polizei mit einer Waffe in der Hand neben dem toten Jackson Paige gefunden. Nachdem Martha auch noch klar und deutlich artikuliert, dass sie schuldig ist, scheint die Sache ja klar zu sein. Die 16-Jährige hat den beliebten Millionär und Wohltäter Jackson Paige erschossen und soll dafür in sieben Tagen hingerichtet werden.
Ein Präzedenzfall, denn noch nie befand sich eine weibliche Minderjährige im Todestrakt. Doch wieso gibt Martha bereitwillig zu, dass sie den Publikumsliebling erschossen hat und unterschreibt damit ihr definitives Todesurteil? Was steckt dahinter und ist diese Art der Rechtsprechung wirklich die wahre Art Demokratie zu leben – so wie die Bevölkerung es von den Medien immer gesagt bekommt?

Wie bereits gesagt, bin ich großer Fan von gesellschaftskritischen (Jugend-)Büchern. Ich setze mich sehr gerne gedanklich damit auseinander. Bei “Marthas Widerstand” fand ich von Anfang an die Idee der Autorin einfach nur genial. Auch bei uns in der Realität kann man leider immer häufiger beobachten, wie die Medien uns im Griff haben und einen wirklich sehr großen Teil der Bevölkerung zu manipulieren wissen. Wie kleine dumme Schafe folgen so Einige den Aufrufen ein paar berühmter und vermeintlich "guter" Menschen.
Was ist nun, wenn der breiten Bevölkerung suggeriert wird, dass sie mitbestimmen dürfen und zwar mit Ergebnissen, die viel greifbarer sind, als sie es in unserer Demokratie heute sind. Macht haben, mitbestimmen dürfen und gleichzeitig Voyeur sein. Irgendwie fühle ich mich ins Mittelalter zurückversetzt, wo Menschenmassen sich bei Hinrichtungen getummelt haben und in lauten Jubelschreien ausgebrochen sind, als der Kopf gerollt ist.

Kerry Drewery hat sich an einer wirklich guten Idee versucht und in Teilen auch sehr gut umgesetzt. Doch leider konnte mich das Buch nicht vollends überzeugen. Idee super, Umsetzung ausbaufähig.
Ihr Schreibstil ist schön locker, leicht und flüssig. Der Zielgruppe definitiv angemessen. Die Kapitel sind kurz und dadurch und den schönen Schreibstil, lässt das Buch sich wirklich leicht und schnell lesen. Ein großer Pluspunkt. Außerdem ist die Geschichte spannend, besonders am Ende konnte ich es gar nicht mehr aus der Hand legen.
Allerdings fand ich es auch in einigen Teilen ziemlich vorhersehbar und leider auch konstruiert. Große Überraschungen gab es für mich nicht und wenn, dann wirkten sie nicht authentisch.

Was die Autorin aber wirklich gut kann, sind ihre Charaktere. Sie hat allesamt richtig gut gezeichnet und es geschafft, dass ich – besonders bei zwei Charakteren – starke Gefühle empfunden habe. Der eine Charakter hat mich vollständig überzeugt. Eve – Marthas psychologische Betreuung während ihrer Zeit in im Todestrakt – ist ein durch und durch authentischer und sympathischer Charakter. Ich würde fast sagen, sie ist mein Lieblingscharakter.
Und auf der anderen Seite hätten wir Kristina – die Moderatorin von “Death is Justice”, der Sendung, die über alle Todeskandidaten informiert und zur Abstimmung aufruft. Auf Kristina habe ich eine richtige Hasskappe bekommen. Am liebsten hätte ich sie aus dem Buch gezerrt und ihr den Hals umgedreht ihr mal richtig die Meinung gesagt!
Mich so starke Emotionen fiktiven Charakteren gegenüber empfinden zu lassen, zeigt meiner Meinung nach das Können des Autors.

Fazit

Kerry Drewery hat mit “Marthas Widerstand” ein Buch geschrieben, dessen Grundidee grandios ist, doch leider hat es etwas an der Umsetzung gehapert. Der ein oder andere Logikfehler, an einigen Stellen eine zu konstruierte Story und eine zu simple Erklärung am Ende haben leider dafür gesorgt, dass ich dem Buch nicht die volle Sternenzahl geben kann.
Dennoch bin ich jetzt schon sehr gespannt auf den zweiten Teil dieser Trilogie und hoffe, dass mich der zweite Band mehr überzeugen kann.

Von mir gibt es 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 10.09.2017

Potential verpufft.

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"Cell 7" habe ich über eine Aktion der "Lesejury" bekommen und selten hat mich eine Leserunde so beeindruckt. Gedanken flossen, Energien kochten über und ich konnte plötzlich schwer unterscheiden, was ...

"Cell 7" habe ich über eine Aktion der "Lesejury" bekommen und selten hat mich eine Leserunde so beeindruckt. Gedanken flossen, Energien kochten über und ich konnte plötzlich schwer unterscheiden, was meine Meinung war und welche die Meinung der Gruppe. Klar war aber: Die Themen machen betroffen. Wenn in einem manipulierbaren (?) Televoting über Leben oder Tod abgestimmt wird, macht das Angst.

Klar war mir am Ende auch: Ich weiß nicht, ob ich weiterlese würde.

Worum geht es?

Martha, ein Teenager aus den Kratzern, hat den Wohltäter Jackson Paige umgebracht und sitzt im Gefängnis. Binnen der nächsten sieben Tage entscheiden die zahlenden Zuschauer über Leben und Tod. Jeden Tag wird Martha in eine kleinere Zelle verlegt und sie bekommt Besuch von ihrer psychologischen Betreuerin Eve. Eve, die eine besondere Beziehung zum System hat, vermutet, dass Martha unschuldig ist und forscht nach. Parallel sieht der Leser "Death is Justice", eine Fernsehshow, die von charismatischen Moderatoren moderiert wird und in der die Fälle ausgebreitet werden. Ziel ist es, die Zuschauer zum Wählen zu animieren.

"Cell 7" ist der erste Band einer Trilogie.

Die Figuren

Martha Honeydew: Wenn "Cell 7" ein Musikstück wäre, dann wäre Martha das Grundthema. Mit ihr beginnt und endet die Geschichte. Und sie stellt das Gegengewicht zum kalten, ideologischen "Death is Justice" dar. Martha ist anfangs abgeklärt, wird sich später aber bewusst, in welcher Gefahr sie sich befindet. Ich wusste bis zum Schluss nicht, ob sie davon ausgeht, dass sie freikommt oder dass sie stirbt, um etwas zu bewegen. Ich fand ihre Entwicklung besonders in der zweiten Hälfte gut, weil ich merkte, wie wichtig ihr ihre Familie ist und dass sie an ihrer Aufgabe zweifelt. Allerdings wirkt Martha nicht so nahbar, was vor allem am beobachtenden Schreibstil iiegt. Letztendlich ist sie ein Instrument, um dem Thema ein Gesicht zu geben.

Eve Stanton ist ein guter Puffer. Sie ist ruhig und klug, aber ein bisschen schüchtern. Das hat mir sehr gefallen. Ich denke, es fällt Eve schwer, die Intiative zu ergreifen. Durch ihre Arbeit lebt sie in einer sicheren Blase, in der sie das System weniger unterstützt, sondern die Gefangenen im System. Ihr Sohn Max ist eine große Unterstützung für sie. Gemeinsam mit Ex-Richter Cicero versucht sie die Menschen davon zu überzeugen, dass das System schlecht ist.

Kristina ist die opportunistische Moderatorin von "Death is Justice" und die Verkörperung des Systems für den Leser. Kristina wirkte auf mich nicht, als hätte sie das System umfassend hinterfragt, aber sie ist davon überzeugt. Das merkt man u.a. daran, dass Cicero sie mit seinen Argumenten in die Enge treiben kann, aber lange Zeit niemand die Livesendung unterbricht. Stellenweise wirkte sie wie eine Marionette. Sie erinnerte mich an die Moderatoren aus "Die Tribute von Panem", war aber weniger knallig. Die Obrigkeit tritt im Buch fast nicht in Erscheinung, nur der Sendechef wird interviewt, was leider untergeht. Daher löst ihre manipulierende Art Wut aus. Ich fand das interessant, aber weniger spannend. Kristina setzt Techniken ein, die ich aus dem heutigen Fernsehen gut kenne und die heute manchmal deutlicher eingesetzt werden.

Issac ist ein Junge, der ebenfalls ein Teenager ist und gut mit Martha wirkt. Seine Herkunft und Funktion bleibt lange im Dunkeln.

Jackson Paige und das "Volk" werden nur schwammig geschildert. Obwohl der Tod Paiges die Handlung auslöst, erfährt man nur wenig. Er war ein Mensch, der sich aus den Kratzern nach oben gearbeitet hat und in der Öffentlichkeit als großer, großer Wohltäter bekannt ist. Scheinbar gab es auch eine andere Seite. Jackson wirkte auf mich wie ein Phantom. Ähnlich wie die Menschen, die in der Fernsehsendung anrufen. Es wird nicht klar, ob sie aus Sensationslust anrufen, oder weil sie wirklich glauben, dass jemand für den Tod einer berühmten Persönlichkeit bestraft werden muss. Aber vielleicht soll das so sein - vielleicht ist es nicht wichtig, was das Volk will, sondern es unterwirft sich dem System. Und vielleicht wird die Rolle Paiges im zweiten Band aufgeklärt.

Tod ist Gerechtigkeit?

Das Prinzip wurde eingeführt, weil es trotz ausführlicher Beweisaufnahme zu Fehlurteilen kam. Mit der Sendung kann man die Menschen beruhigen, denn es wurde "demonkratisch" abgestimmt. Da jeder Anruf Geld kostet, sind die Bewohner der verarmter Kratzer benachteiligt, während die Menschen in den reichen Stadtteilen die Wahl manipulieren können.

Das Buch wirft interessante Fragen auf: Wie kann man Fehlurteile verhindern? Was ist Gerechtigkeit? Kann man das objektiv beurteilen oder ist das subjektiv? Wo beginnt und endet Notwehr? Sollte Gleiches mit Gleichem vergolten werden?

Der Text zeigt spannende Beispiele, geht aber (noch) nicht tief genug. Ich vermute, dass das in den anderen Büchern ausgebreitet wird, aber mich hat das frustiert.

Der Schreibstil

Der Stil im Buch ist kühl. Das liegt einerseits daran, dass Marthas Sicht personal ist und relativ beobachtend. Es gibt nur wenige Stellen, in denen die Autorin mit Motiven arbeitet (der Baum!), ansonsten wirkt der Stil karg. Ich habe mich nach eniger Zeit daran gewöhnt. Außerdem werden Gedankenströme Marthas eingeflochten.

Verstärkt wird das durch Auszüge aus "Death is Justice", die in Drehbuchform geschildert werden. (Schon Goethe, Schiller und Lessing wussten: Man sieht sich immer zweimal im Leben...). Die Autorin "beschenkt" uns mit Bewegungsabläufen, Kursivschriften und Logoanimationen. Vielleicht zeigt das, dass auch die Show nur ein durchgeplantes Schauspiel ist, das zur Beeinflussung des Publikums dient. Da ich keine Beschreibungen mag, nervte mich das. Und es hat von den Dialogen abgelenkt.

Der Text ist gut und flüssig lesbar, wirkt aber trocken. Vielleicht wollte die Autorin die kühlen Zellenwände und die Stimmung unterstreichen, dass der Einzelne im System einsam und abgetrennt von der "Masse" ist. Vielleicht wollte sie die dystopische Atmosphäre verstärken.

Spannung

Die Frage "Wird Martha überleben?" treibt das Buch voran und das war gut. Aber die Handlung wird durch den Schreibstil abgebremst und es fiel mir schwer, zwischen der Sendung und der abenteuerlichen Suche nach der Wahrheit zu wechseln. Emotional nahm mich das Buch selten mit.

Ein Wort zum Cover

Ich finde das Titelbild außergewöhnlich, weil das Gesicht den gesamten Raum einnimmt. Die Figur wirkt computeranimiert und sie blickt den Leser an. Das Cover wirkt nur wenig verspielt und nicht dystopisch. Martha als Hauptfigur steht im Mittelpunkt. Das Cover ist einzigartig, die Geschichte ist es nicht. Daher finde ich es nicht ganz stimmig.


Fazit

Für mich war das Buch eine Enttäuschung. Die Idee ist toll, aber die ständige Medienkritik war nicht gut. Ich fand den Text stellenweise schön, aber die Helden zu naiv und vieles zu einfach. Ich habe einige dystopische Filme gesehen und verglichen damit hat das Buch nichts, was ich nicht bereits irgendwo gesehen hätte. Wahrscheinlich wäre "Marthas Widerstand" als Film sehr unterhaltsam!

Andererseits: Das Buch ist ab 14 Jahren freigegeben und die jugendlichen Protagonisten wirken als Identifikationsfigur gut. Manchmal ist man als Teenager (und als Erwachsener...) naiv. Und vielleicht muss man jugendliche Leser nicht mit besonders grausamen Stellen ärgern.

Trotzdem: Als Buch fand ich es nicht wirklich schlecht, aber nicht gut.

PS: "Auge um Auge Productions" - Wer hat diesen Semi-Anglizismus zu verantworten?!

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Veröffentlicht am 28.08.2017

Ein Schuss, ein Mädchen, ein Toter, ein Geständnis...

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Inhalt

Ein Schuss, ein Mädchen, ein Toter, ein Geständnis...

Martha gesteht den Mord an einem der größten Wohltäter Englands. Sie wird angeklagt in einem Rechtssystem, das als das demokratischste gilt, ...

Inhalt

Ein Schuss, ein Mädchen, ein Toter, ein Geständnis...

Martha gesteht den Mord an einem der größten Wohltäter Englands. Sie wird angeklagt in einem Rechtssystem, das als das demokratischste gilt, das die Menschheit jemals hatte. Jeder ist Richter und Henker. Nur mit einem Anruf bzw. einer SMS entscheiden sie über Leben oder Sterben. Jeder darf wählen. Jeder trägt die Entscheidung mit. Jeder hat sieben Tage Zeit. Martha hat sieben Tage zeit. Sieben Zellen, die immer kleiner werden. So auch Marthas Chance auf Freiheit. Doch warum hat Martha das getan? Um was geht es hier? Wie kann eine 16-Jährige nur den Wohltäter Englands ermorden....

 
Cover

Das Cover ist einfach toll. Dieser intensive Blick des Mädchens - ich vermute mal ganz stark, dass es sch hier um Martha handelt ;) - ist sehr einnehmend. Wir hatten in der Leserunde den Vergleich mit Cara Delevingne gezogen. Was haltet ihr davon?

Schreibstil und Aufbau des Buches

Martha durchläuft in jedem Kapitel eine Zelle. Dabei sind diese noch in weitere Unterkapitel eingeteilt, in denen die Geschichte aus mehreren Sichten erzählt wird. So erzählt die Mörderin von Ereignissen aus ihrer Vergangenheit, die zu dieser Tat geführt haben. Die ganzen Aussagen der Charaktere plus weitere Unterkapitel wie Fernsehsendungen fügen das zu Beginn diffuse Bild wie ein Puzzel zusammen, sodass die Geschichte mehr oder weniger Sinn ergibt. 

Das Buch lässt sich flüssig und sehr leicht lesen. Was bei manchen Lesern den Lesefluss stören könnte, wären die Dialekte. Bestimmte Personen haben aufgrund ihrer Herkunft oder ihres sozialen Status einen Dialekt bekommen. Mich persönlich hat es nicht gestört. Ganz im Gegenteil konnte ich mir so diese Charaktere viel besser mit ihrem Auftreten und Verhalten vorstellen.


Handlung

Die Story war großartig. Durch das "Rätselraten", was passiert ist, war man richtig in der Geschichte vertieft. Man wollte unbedingt wissen, wie es nur dazu kommen konnte, wer mit wem inwiefern zu tun hatte. Einfach was dahinter steckt. Und das hat das Buch so viel spannender gemacht. Diese Verstrickungen. 

Was mich sehr verwundert hat, war der Ort des Geschehens. So eine Geschichte vermute man eigentlich eher in den USA.

Das einzige, was das Buch nicht ganz so umwerfend machen, sind manche Logikfehler bzw. ungünstigen Formulierungen, die für Fragezeichen führen. Ob das jetzt ein Fehler des Autors oder des Übersetzers ist, bleibt dahin gestellt. Es hat einfach gestört.


Fazit

Alles in allem empfehle ich dieses Buch allen Dystopie-Liebhaber, die Lust auf Puzzeln und Rätselraten haben. Denn die Ungewissheit, was hier passiert ist, macht das ganze Buch aus. 

Im Großen und Ganzen gebe ich dem Buch 4,5 von 5 Sternen, da es doch kleine Schwächen gab. 

Eine absolute Empfehlung und ich freue mich schon auf den zweiten Band!

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Veröffentlicht am 28.08.2017

Todesurteil per Anruf oder SMS

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Stell Dir vor das Rechtssystem wird verändert. Es gibt keine Gerichte mehr und niemanden interessieren Beweise oder Indizien. In "Marthas Widerstand" von Kerry Drewery (ONE Verlag) urteilen Zuschauer der ...

Stell Dir vor das Rechtssystem wird verändert. Es gibt keine Gerichte mehr und niemanden interessieren Beweise oder Indizien. In "Marthas Widerstand" von Kerry Drewery (ONE Verlag) urteilen Zuschauer der TV-Sendung "Death is Justice" über Leben und Tot der Angeklagten.

Zum Inhalt:


Die 16-jährige Martha Honeydew wird festgenommen. Sie hält ein Waffe in der Hand und ruft. "Ich war's". Neben ihr liegt erschossen ein einflussreicher und bekannter Mann, der sich als Wohltäter einen Namen gemacht hat. Martha kommt als Mörderin in ein besonderes Gefängnis. Jeden Tag werden die Zellen gewechselt, die jeden Tag kleiner, dunkler und enger werden. Über Marthas Schuld oder Unschuld und damit über ihr Leben oder ihren Tod entscheiden die TV-Zuschauer in einem Fernsehvoting per Anruf, SMS oder Website. Nur sieben Tage bleiben Martha bis zu ihrer Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl.
Die psychologische Betreuerin Eve ist die einzige Person, die mit Martha reden darf. Eve hat allerdings die Vermutung, dass Martha unschuldig ist und die Schuld für jemanden anderen auf sich nimmt. Es beginn ein Wettlauf mit der Zeit, um Martha vor ihrem tödlichen Schicksal zu bewahren.

Mein Eindruck:

Kerry Drewery entwickelt in diesem Thriller für junge Erwachsene ein düsteres und in höchstem Maße ungerechten Rechtssystem. Ähnlich wie in realen und überall bekannten Casting Shows wird in dieser Geschichte über das Schicksal der Beschuldigten gerichtet. "Senden Sie STERBEN oder LEBEN an 7997" lässt die Zuschauern zu Richtern und Henkern gleichermaßen werden. Wäre dies nicht schon schlimm genug, gibt es keinerlei fachliche Kontrolle. Alle Gerichte wurden abgeschafft, Beweise oder Indizen, Zeugen... All das spielt keine Rolle mehr und das Fernsehen manipuliert die Zuschauern nach Belieben. Eine Situation die mich nach Abschluss des Buches noch sehr beschäftigt.
Die Darstellung der Geschehnisse erfolgt in kleinen Abschnitten, jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven. So gewährt die Autorin Einblicke in die Gefühle und auch Ängste der generell sehr starken Sechszehnjährigen, deren Tod unmittelbar bevorsteht. Nach und nach fügt sich die Vorgeschichte mittels Rückblenden zusammen und es entwickelt sich unter anderem auch ein aussichtsloser Kampf gegen das System.
Die besonders starken Charaktere Martha und Eve haben mich begeistert. Sie erscheinen mir tatsächlich wie normale Menschen, die plötzlich in eine Situation geraten, die niemand gewollt hat. Beide nehmen eine Entwicklung, die mir sehr gefallen hat und diese Charaktere sehr sympathisch macht.
Die Handlung und damit die Spannung schreitet mit jedem Tag und jeder Stunde in den Todeszellen stetig voran. Es ist eine Geschichte, die man nur schwer zur Seite legen mag.
Einige Kleinigkeiten, bzw. offene Fragen aus den Lesegeschehen sind mir leider offen geblieben und das Ende erscheint mir etwas zu konstruiert, was der Geschichte insgesamt aber nur einen kleinen Dämpfer gibt. Unter Umständen ist dies auch einem zwingenden Abschluss dieses Bandes geschuldet, um auf den Folgeband (es sollen wohl eine Trilogie werden) vorzubereiten.

Fazit:

"Marthas Widerstand" hat mich allein schon durch die beängstigende Entwicklung von Justiz und Fernsehunterhaltung und deren beeindruckende Beschreibung begeistert.

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Veröffentlicht am 28.08.2017

Zelle 7

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In einem England, in dem Gerichte, Richter und Beweismittelaufnahme abgeschafft wurden, werden alle Mörder per Telefonvoting verurteilt. Sieben Tage lang kommen sie jeden Tag in immer kleinere Einzelzellen, ...

In einem England, in dem Gerichte, Richter und Beweismittelaufnahme abgeschafft wurden, werden alle Mörder per Telefonvoting verurteilt. Sieben Tage lang kommen sie jeden Tag in immer kleinere Einzelzellen, während "das Volk" entscheiden kann, ob sie schuldig oder nicht schuldig sind. Maßgeblich beeinflusst und manipuliert werden sie durch die Sendung Death Is Justice, die in einem reißerischen Format die mutmaßlichen Täter präsentiert und die Leute aufhetzt. Die Popularität der Sendung steigt noch einmal an, als Martha festgenommen wird - ein sechzehnjähriges Mädchen, das gestanden hat, Jackson Paige, den Volkshelden, umgebracht zu haben. Doch ist sie wirklich eine Mörderin? Und falls nicht - interessiert das überhaupt jemanden?

Was dieses Buch so absolut gänsehauterzeugend werden lässt, ist seine absolute Authenzität. Wie bitte, werden sich jetzt viele empören. So was kann NIE geschehen! Da frage ich: Wirklich? In einer Welt, in der ein Mann zum mächtigsten eines Staates gewählt wird, der mit alternativen Fakten (in einem anderen Universum würde man dazu Lügen sagen) aufwartet, in der die Manipulation durch die Medien höher ist denn je, in so einer Welt sollte so was nie geschehen können? Nicht authentisch sein? Doch, denke ich. Jetzt eher denn je. Das ist es, was dieses Buch so intensiv macht, der hervorragende Aufbau beim Wechsel zwischen den Perspektiven von Martha, ihrer psychologischen Betreuerin, der Sendung, wenn man die Bemerkungen der Zuschauer hört, die genauso auch von Facebookkommentaren stammen könnten, die Boshaftigkeit von Leuten, die sich rechtschaffen fühlen, es aber nicht sind. Einen Abzug in der Kür gibt es leider, weil der Schluss tatsächlich unglaubwürdig und ein bisschen unlogisch ist, aber um ehrlich zu sein, ich kann es kaum erwarten, dass der zweite Teil der Reihe herauskommt. Es hat wirklich großes Potenzial, diese Story.

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