Leserunde zu "Die Abschaffung des Todes" von Andreas Eschbach
Das ewige Leben ist nur ein paar Milliarden Dollar entferntDie Abschaffung des Todes
Die Unsterblichkeit ist nur ein paar Milliarden Dollar entfernt. Thriller
»Der Tod löscht alles aus. Der Tod ist barbarisch. Und jetzt sagen Sie mir, warum sollten wir das dulden?«
Drei hochkarätige Unternehmer aus dem Silicon Valley wollen ein zweites 'Manhattan Projekt' ins Leben rufen. Nur ist das Ziel noch ehrgeiziger als damals die Entwicklung der Atombombe: Sie wollen den Tod abschaffen. Der Journalist James Windover entdeckt jedoch, dass die Unternehmer, während sie von Investoren Milliarden sammeln, insgeheim versuchen, einen Schriftsteller zum Schweigen zu bringen - weil sie eine Story fürchten, die er geschrieben hat. Was steht darin, das das Projekt gefährden könnte? James begibt sich auf die Suche nach dem Mann und gerät rasch selbst in tödliche Gefahr ...
Timing der Leserunde
-
Bewerben 15.07.2024 - 04.08.2024
-
Lesen 12.08.2024 - 08.09.2024
-
Rezensieren 09.09.2024 - 22.09.2024
Bereits beendet
Schlagworte
Teilnehmer
Diskussion und Eindrücke zur Leserunde
Abschnitt 4, KW 36, Seite 487 bis Ende
Mila_Milnesium
Mitglied seit 06.04.2018
A book is proof that humans are capable of working magic. Carl Sagan
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 07:17 Uhr
Mmh, mich lässt der abschließende Abschnitt ein bisschen ratlos zurück. Auch wenn er viel Meta-Humor verwendet (inklusive der buchstäbliche Verweis auf Joseph Campbells Heldenreise) und auf die Absurditäten verweist, die sich im realen Leben nun mal ereignen, aber in einem Roman oder Film als Plothole empfunden würden, ist die Auflösung von Peter Young als Schurken mit „Sorry, war ein großes Missverständnis, my bad“, Ferdurci als zwar brilliant, aber nicht genial und dem Wiener Neurowissenschaftler als Mitarbeiter Youngs (was einige von Euch richtig vorhergesagt haben) doch etwas unbefriedigend.
Und Raymond wird einfach so (immerhin mit etwas mehr Kohle) heimgeschickt, aber da stellt sich die Frage: Wofür war der gesamte dritte Abschnitt dann?
Ein Roman muss ja nicht 1:1 das reale Leben abbilden, je nach Genre darf er sich sehr gerne recht weit davon entfernen, wie es im wahren Leben ist. Aber der Reihe nach:
Das Argument des Stellvertreter-Erlebens von Ferdurci kann ich so nicht ganz gelten lassen. Selbstverständlich kann auch ein Erleben „aus zweiter Hand“ reizvoll sein. Als Lesende kann ich durchaus durch jemand anderen (den Autor) ein Erlebnis durchlaufen. So war ich dank Samantha Cristofforetti schon mal im Weltraum, mit Arthur Conan Doyle im Polarmeer unterwegs und mit Jane Goodall die Schimpansen am Gombe-Strom besucht. Diese Personen (nur eine kleine Auswahl Beispiele) sind so begnadete Erzählerinnen, dass sie die Gefühle, die sie beim Erleben hatten, in uns Lesenden heraufbeschwören können. Und darum geht es beim Erleben, nicht so sehr, wie exakt etwas aussieht, sondern welche Gefühle es erzeugt. Das ist etwas anderes, als das, was Ferdurci seiner Tochter mit den Filmen vorschlägt. Das sind zwei verschiedenen Dinge.
Den Pile of Shame oder SUB kennen wir alle wahrscheinlich nur zu gut
Auch der „schwache Trost“, wenn man die nächste Generation rettet, sollte nicht als Trostpreis daherkommen. Zwar fand ich es am Ende auch etwas dünn, dass es in James´Fall durch Joans Schwangerschaft ein bisschen auf „In unseren Kindern leben wir weiter“ hinauslief, denn als denkende Wesen haben Menschen so viel mehr weiterzugeben als nur die Gene. Ferdurcis Geschichte läuft darauf hinaus, dass die Metapher vom Gehirn als Computer fehlerhaft ist (zumindest habe ich sie so verstanden, ich bin nicht ganz sicher, ob ich sie verstanden habe).
Dass es am Ende dann auch Anahit egal ist, ob Youvatar wirklich das Gehirn uploaden kann oder nicht, sie so oder so investieren wird, weil unterwegs viele neue Erkenntnisse zu Neurobiologie gewonnen werden könnten, die ihr helfen könnten, lässt auch alles, was James die letzten Tage durchlebt hat, um ihr die korrekten Fakten zu liefern, sinnlos werden.
Anahits Gedanke, dass das Universum ein Bewusstsein habe, lässt mich direkt an einen weiteren meiner Lieblingsautoren denken, Carl Sagan, der sagte: „We are a way of the cosmos to know itself... This is what molecules do given billions of years of evolution.“ Für religiöse Menschen ist in dieser Sicht der Welt sogar Platz für Gott.
Und fast nachträglich, um noch ein lose End einzufangen, kommt noch einmal Colberts Geschichte hervor, die des glücklosen Drehbuchautors, eventuell auch, um Young dann zum Schluss noch mal zu dem Schurken zu machen, als der er ja aufgebaut wurde: Im Computer hochgeladen könnten Denkprozesse schneller ablaufen und das würde einem höheren IQ gleichkommen und vernetzt mit der vernetzten Welt wäre das God-Mode für Young (der dann wahrscheinlich keine anderen Götter neben sich dulden würde, wie auch Colberts Geschichte andeutet und die Technologie für den Upload zerstören würde).
Um ehrlich zu sein, steckt da eine Geschichte drin, die ich sehr gerne lesen würde: Was wäre, wenn es Young gelungen wäre und er jetzt mit seinem Bewusstsein das Internet steuern könnte? Das würde übrigens Raum für clevere Verfolgungsjagden schaffen, die erzählerisch Sinn machten, denn so würden wir sehen, dass es heutzutage schon verdammt schwer ist, in einer vernetzten Welt unterzutauchen.
Wer jetzt auch Bock auf solch eine Geschichte hat: Tatsächlich gibt es von Andreas Eschbach dazu eine Jugendbuch Trilogie „Black out“, „Hide out“ und „Time out“. Dort kann man sich in der nicht allzu fernen Zukunft einen Chip einsetzen lassen, der das Gehirn direkt mit dem Internet verbindet, der Lifehook. Die vernetzten Menschen erlangen dadurch fast schon übernatürlich anmutende Fähigkeiten wie Telepathie oder blitzschnellen Zugriff auf das Wissen der Welt. Aber kann man sich da noch sicher sein, dass es die eigenen Gedanken sind, die einem durch den Kopf gehen?
Das wäre dann auch meine Empfehlung für alle, die nach „Die Abschaffung des Todes“ als erstes Eschbach-Buch nicht so begeistert waren, aber gerne noch mal was anderes von ihm lesen möchten. Er schreibt wirklich spannende Geschichten mit interessanten Prämissen.
Auch wenn mich „Die Abschaffung des Todes“ nicht so begeistert hat wie andere Bücher von Andreas Eschbach, waren doch durchaus jenseits der Action-Szenen interessante Gedanken drin, die mich im Alltag begleiten werden (das Thema Medienkritik fand ich sehr gut, hätte vielleicht eine eigene Geschichte verdient).
Ich bin gespannt, wie Ihr es fandet.
Lottalein
Mitglied seit 03.02.2023
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 07:40 Uhr
Mila_Milnesium schrieb am 02.09.2024 um 07:17 Uhr
Mmh, mich lässt der abschließende Abschnitt ein bisschen ratlos zurück. Auch wenn er viel Meta-Humor verwendet (inklusive der buchstäbliche Verweis auf Joseph Campbells Heldenreise) und auf die Absurditäten verweist, die sich im realen Leben nun mal ereignen, aber in einem Roman oder Film als Plothole empfunden würden, ist die Auflösung von Peter Young als Schurken mit „Sorry, war ein großes Missverständnis, my bad“, Ferdurci als zwar brilliant, aber nicht genial und dem Wiener Neurowissenschaftler als Mitarbeiter Youngs (was einige von Euch richtig vorhergesagt haben) doch etwas unbefriedigend.
Und Raymond wird einfach so (immerhin mit etwas mehr Kohle) heimgeschickt, aber da stellt sich die Frage: Wofür war der gesamte dritte Abschnitt dann?
Ein Roman muss ja nicht 1:1 das reale Leben abbilden, je nach Genre darf er sich sehr gerne recht weit davon entfernen, wie es im wahren Leben ist. Aber der Reihe nach:
Das Argument des Stellvertreter-Erlebens von Ferdurci kann ich so nicht ganz gelten lassen. Selbstverständlich kann auch ein Erleben „aus zweiter Hand“ reizvoll sein. Als Lesende kann ich durchaus durch jemand anderen (den Autor) ein Erlebnis durchlaufen. So war ich dank Samantha Cristofforetti schon mal im Weltraum, mit Arthur Conan Doyle im Polarmeer unterwegs und mit Jane Goodall die Schimpansen am Gombe-Strom besucht. Diese Personen (nur eine kleine Auswahl Beispiele) sind so begnadete Erzählerinnen, dass sie die Gefühle, die sie beim Erleben hatten, in uns Lesenden heraufbeschwören können. Und darum geht es beim Erleben, nicht so sehr, wie exakt etwas aussieht, sondern welche Gefühle es erzeugt. Das ist etwas anderes, als das, was Ferdurci seiner Tochter mit den Filmen vorschlägt. Das sind zwei verschiedenen Dinge.
Den Pile of Shame oder SUB kennen wir alle wahrscheinlich nur zu gut
Auch der „schwache Trost“, wenn man die nächste Generation rettet, sollte nicht als Trostpreis daherkommen. Zwar fand ich es am Ende auch etwas dünn, dass es in James´Fall durch Joans Schwangerschaft ein bisschen auf „In unseren Kindern leben wir weiter“ hinauslief, denn als denkende Wesen haben Menschen so viel mehr weiterzugeben als nur die Gene. Ferdurcis Geschichte läuft darauf hinaus, dass die Metapher vom Gehirn als Computer fehlerhaft ist (zumindest habe ich sie so verstanden, ich bin nicht ganz sicher, ob ich sie verstanden habe).
Dass es am Ende dann auch Anahit egal ist, ob Youvatar wirklich das Gehirn uploaden kann oder nicht, sie so oder so investieren wird, weil unterwegs viele neue Erkenntnisse zu Neurobiologie gewonnen werden könnten, die ihr helfen könnten, lässt auch alles, was James die letzten Tage durchlebt hat, um ihr die korrekten Fakten zu liefern, sinnlos werden.
Anahits Gedanke, dass das Universum ein Bewusstsein habe, lässt mich direkt an einen weiteren meiner Lieblingsautoren denken, Carl Sagan, der sagte: „We are a way of the cosmos to know itself... This is what molecules do given billions of years of evolution.“ Für religiöse Menschen ist in dieser Sicht der Welt sogar Platz für Gott.
Und fast nachträglich, um noch ein lose End einzufangen, kommt noch einmal Colberts Geschichte hervor, die des glücklosen Drehbuchautors, eventuell auch, um Young dann zum Schluss noch mal zu dem Schurken zu machen, als der er ja aufgebaut wurde: Im Computer hochgeladen könnten Denkprozesse schneller ablaufen und das würde einem höheren IQ gleichkommen und vernetzt mit der vernetzten Welt wäre das God-Mode für Young (der dann wahrscheinlich keine anderen Götter neben sich dulden würde, wie auch Colberts Geschichte andeutet und die Technologie für den Upload zerstören würde).
Um ehrlich zu sein, steckt da eine Geschichte drin, die ich sehr gerne lesen würde: Was wäre, wenn es Young gelungen wäre und er jetzt mit seinem Bewusstsein das Internet steuern könnte? Das würde übrigens Raum für clevere Verfolgungsjagden schaffen, die erzählerisch Sinn machten, denn so würden wir sehen, dass es heutzutage schon verdammt schwer ist, in einer vernetzten Welt unterzutauchen.
Wer jetzt auch Bock auf solch eine Geschichte hat: Tatsächlich gibt es von Andreas Eschbach dazu eine Jugendbuch Trilogie „Black out“, „Hide out“ und „Time out“. Dort kann man sich in der nicht allzu fernen Zukunft einen Chip einsetzen lassen, der das Gehirn direkt mit dem Internet verbindet, der Lifehook. Die vernetzten Menschen erlangen dadurch fast schon übernatürlich anmutende Fähigkeiten wie Telepathie oder blitzschnellen Zugriff auf das Wissen der Welt. Aber kann man sich da noch sicher sein, dass es die eigenen Gedanken sind, die einem durch den Kopf gehen?
Das wäre dann auch meine Empfehlung für alle, die nach „Die Abschaffung des Todes“ als erstes Eschbach-Buch nicht so begeistert waren, aber gerne noch mal was anderes von ihm lesen möchten. Er schreibt wirklich spannende Geschichten mit interessanten Prämissen.
Auch wenn mich „Die Abschaffung des Todes“ nicht so begeistert hat wie andere Bücher von Andreas Eschbach, waren doch durchaus jenseits der Action-Szenen interessante Gedanken drin, die mich im Alltag begleiten werden (das Thema Medienkritik fand ich sehr gut, hätte vielleicht eine eigene Geschichte verdient).
Ich bin gespannt, wie Ihr es fandet.
Dem kann ich mich absolut anschließen...
Lottalein
Mitglied seit 03.02.2023
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 07:40 Uhr
Puh, also... Dieser letzte Leseabschnitt hat meine Erwartungen - gelinde gesagt - nicht erfüllt.
Ferdurci braucht eine halbe Ewigkeit, um eine Kurzgeschichte (!) wiederzugeben, und der "große Twist" dabei ist, dass die Geschäftsidee von Youvatar wohl doch nicht funktioniert, da niemand so recht weiß, wie sich das mit dem Bewusstsein wirklich verhält. Da kam ich mir als Leserin schon arg irregeführt vor - nach all dem Trara um die Geschichte selbst und die Suche nach dem (dann doch gar nicht so intelligenten) Schriftsteller habe ich da inhaltlich mehr erwartet als ein "Gedankenspiel", das Young offenbar zweimal missversteht: einmal als in der Realität umsetzbare Geschäftsidee, und gleichzeitig als wissenschaftliches Argument gegen genau diese Möglichkeit.
Die einzelnen Handlungsstränge waren dann letztlich doch sehr vorhersehbar und es kam so, wie wir Leserundler/innen das hier schon vermutet hatten: Joan ist schwanger, Bergstädter gekauft, Peter Young der Bösewicht, der das zwar alles nicht so gemeint hat (ernsthaft?!), aber dann wohl doch verwerfliche, eigennützige Absichten verfolgt.
Insgesamt gab es mir hier außerdem zu viel offensichtliches "Meta-Gaming": die Anspielungen, wie man diese Ereignisse in einem Thriller verarbeiten würde, was ein Schriftsteller in dieser und jener Situation tun und sagen würde - das fand ich alles eher anstrengend als unterhaltsam. Auch die Anspielungen darauf, dass es sich hier um eine "wahre Geschichte" handelt, die ja im letzten Satz kulminieren - "Behalten Sie im Blick, was auf der Welt passiert." - waren mir zu gewollt, zu wenig subtil.
Wirklich überzeugend und berührend fand ich nur die Abschiedsszene zwischen James und seinem Vater im Krankenhaus. Das war sehr einfühlsam geschildert und hat mich wieder abgeholt, nachdem ich das Buch nach den ersten paar Seiten dieses Abschnitts gedanklich abgehakt hatte.
Der Schluss der Geschichte hat mich an "Freiheitsgeld" erinnert, hier v.a. der Dialog mit Young. "Freiheitsgeld" ist übrigens als "Roman", nicht als "Thriller" gelabelt - ich frage mich, ob das nicht auch bei der "Abschaffung des Todes" im Hinblick auf das Erwartungsmanagement eine passende(re) Bezeichnung gewesen wäre.
Marikita
Mitglied seit 25.01.2022
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 10:55 Uhr
Ich bin von dem Buch eigentlich nicht enttäuscht. Wie im Buch geschildert,finde ich ,dass essentielle Dinge im irdischen Leben 'banal' erscheinen können. Auf der Suche nach dem Glück müssen wir Menschen feststellen,dass es flüchtig ist und darin liegt sein Reiz. Auch bringen irdische Freuden wie Konsum und Materialismus nur kurzfristige Zufriedenheit,also kann Dankbarkeit für das Geschenk Leben auch langfristig glücklicher/zufriedener machen.Wenn die Menschen das verinnerlichten ,gäbe es womöglich auch weniger Süchte und Abhängigkeiten.Eigentlich streben die meisten Menschen nach Frieden,Liebe und Harmonie und das könnte es mit vereinter Kraft umsonst geben.
Glaube,Liebe und Hoffnung können das Leben substanziell bereichern.Es gibt ja Umfragen bei Sterbenden,was sie bereuen oder was sie erfüllt hat.Da werden am Ende des Lebens kaum oder gar nicht Materielles erwähnt.
Ich glaube jetzt persönlich auch,dass Gott in allem ist und alles ist in Gott.Somit muss man alles in der Schöpfung achten.Ist natürlich nur meine Ansicht.
Auch Eschbachs Anklang an die Menschheit als kollektives Bewusstsein bringt uns auf den 'ripple effect' und dass das Denken und Handeln jeder Person auf diesem Planeten zählt (im Guten und Schlechten) und dass wir zusammen etwas ändern können,indem Positives übertragen und vervielfacht wird wie z.B. 'Nachhaltigkeit'.
Da ich an eine Seele (auch aufgrund von Berichten zu NDEs) glaube,denke ich nicht,dass es möglich ist,ein Individuum hier komplett z.B.in ein Computerprogramm transferieren zu können.Vielleicht ist es menschliche Hybris,dass man so denkt,weil wir ja eigentlich nur wie kleine Partikel im Universum sind und die großen Zusammenhänge nicht verstehen.Nicht mal die ganz schlauen Leute bekommen das ansatzweise zusammen.Ich habe mal im.Internet die Frage gestellt,was passieren würde,wenn wir eine 100%ige Gehirnleistung hätten.Antwort :"Vermutlich würden wir verrückt werden und/oder physisch zusammenbrechen."
Ich finde das sind gute Gedanken,die man in dem Roman finden kann,auch wenn es stellenweise etwas ausschweifend,konstruiert und 'altmodisch?' dargestellt wurde.
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 12:00 Uhr
Ich würde gerne mit der Danksagung Eschbachs beginnen. Die habe ich gelesen, noch bevor ich in das Buch geschaut hatte. Dabei erfährt man vielleicht etwas über die Quellen des Autors. Noch in keinem Buch habe ich eine so kurze Danksagung gefunden. Kein Dank an den Verlag, das Lektorat, das Team... Macht das Eschbach immer so? (Die Frage könnt ihr mir vielleicht beantworten). Oder lag von Anfang an "der Hase im Pfeffer" (das ist eine rhetorische Frage).
Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster: Ich hatte den Eindruck, da gab es drei noch nicht ausgearbeitete Geschichten:
- Erstens: Über Journalismus- das würde sehr viel hergeben, Journalisten werden verfolgt, getötet, von Regimen Medien unterdrückt... und die ethische Frage, unter welchen Umständen sich auch ein seriöser Journalist kaufen lässt, wäre doch auch interessant.
- Zweitens: "das ewige Leben" mit allen bekannten Versuchen: Einfrieren, uploaden usw. Dazu hätte gut die ethische Frage über Vermögensverteilung gepasst.
-Drittens: Ein Schriftsteller, Drehbuchautor..... wird verfolgt, weil er einem Reichen, Regime ... in die Quere gekommen ist. Das passt zu Geschichte eins und zwei.
Ich habe ein Interview mit Eschbach gelesen, in dem er sagt, er habe für kein Buch so viel recherchiert wie für dieses. Leider hat er diese Recherchen, die ihn sicher viel Zeit gekostet haben, auch sehr langatmig wiedergegeben, ich denke, wenn man sich viel Mühe macht, will man auch alles verwenden- das geht aber dann zu Lasten der Lesbarkeit.
Zu der Behauptung, jeder könne jeden Intelligenztest lösen, wenn er nur genug Zeit habe: Nein, ich habe vor vielen Jahren im Rahmen der Personalberatung lange mit Tests gearbeitet, da waren die Personen noch körperlich anwesend, und ausgewertet haben wir mit Schablonen. Aber die Zeitbegrenzung dient der Standardisierung. Und wenn Probanden keine weiteren Hilfsmittel verwenden dürfen oder Rückmeldung bei Versuch und Irrtum erhalten, sind die Aufgaben nicht für jeden lösbar. Natürlich kann man sich auch fragen, was Intelligenz überhaupt ist.
Als James vor der Frage steht, ob er die Maschinen abschalten lassen soll, die seinen Vater am Leben erhalten: Das ist eine so schwierige Entscheidung und zu seinen Gründen erfahren wir nichts. Gerade hier wäre es geboten gewesen, den Gewissenskonflikt auszuarbeiten. Die Versöhnung mit dem Vater reicht mir hier nicht. Auch finde ich, dass die Beziehung James- Vater_ Krankheit eigentlich nur dazu dient, die Unausweichlichkeit des Todes zu veranschaulichen.
Auch Joan: Sie ist eine Nebenfigur uns wird nur dazu benützt, zu zeigen, dass wir alle ein Weiterleben durch die Weitergabe der Gene haben.
Die Geschichte mit Ferdurci diente dazu, das Geschäftsmodell von Youvatar zu entkräften. Ich habe schon bei Youvatar die Logik vermisst, bei Ferdurci auch.
Etwas, das mir erst jetzt aufgefallen ist: Eschbach ist ein hervorragender Erzähler: In leichtem Plauderton führt er uns auch durch die absurdesten und gefährlichsten Situationen, so, als würde er in netter Gesellschaft mit einem Gläschen Portwein in der Hand die Geschichte vor dem Kaminfeuer erzählen (Wir sind ja in der Welt der Reichen!). Oder seinem Tagebuch. Hätte man kürzere Kapitel gemacht und Datumsangaben darübergesetzt, hätte auch ein Tagebuchroman daraus werden können.
Ich verstehe Eines nicht: Young, der sein Gehirn hochladen lassen möchte, kann dann in Lichtgeschwindigkeit denken und die Welt unterjochen. Aber "denkt" ein Computer nicht genau so schnell? Meiner Meinung gelänge das Young nur, wenn er anderen Computern etwas Wesentliches voraushätte. Kreativität. Aber wird die mit upgeloadet?
Ich finde, Eschbach hat in seinem Buch zeitgemäße und brisante Themen angesprochen, ich denke, beim zweiten Lesen tut man sich mit den langatmigen und auch komplizierten Schilderungen leichter.
Wie ist Eure Meinung?
Jurga
Mitglied seit 21.05.2023
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 15:09 Uhr
Wow, ich kann gar nicht glauben, dass die Leserunde fast vorbei ist. Ich habe gestern das Buch zu Ende gelesen. Ich bin im Großen und Ganzen sehr zufrieden mit der Auflösung. Wahrscheinlich, weil ich mit so einem Ende gar nicht gerechnet habe. Und ja, ich weiß, an manchen Stellen hat sich die Story gezogen, aber am Ende ist dann doch alles gut geworden. Das ist ein tolles Buch, was ich weiter empfehlen werde. A. Eschbach, eben;)
Vielen Dank, dass ich hier mitlesen durfte und für diese wundervolle Zeit mit euch❤️
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 17:20 Uhr
Für mich ist das ein großartiger Abschluss. Alle Fragen und Unklarheiten, die sich mir während der ersten drei Leseabschnitte gestellt haben, sind aufgeklärt, alles passt logisch zusammen. Das Finale ist herzzerreißend.
James Henry und Raymond Ferdurci sind ein unwiderstehliches Team. Ihre Dialoge triefen vor Selbstironie. Herr Eschbach nimmt sich mitunter selbst auf die Schippe. Mit der Figur James Henry Windover ist ihm ein Geniestreich gelungen.
Trotz des in weiten Teilen ausschweifenden Erzählstils würde ich sagen, er hat einen neuen Stammleser. Mich.
Edna
Mitglied seit 10.03.2023
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 17:24 Uhr
Jurga schrieb am 02.09.2024 um 15:09 Uhr
Wow, ich kann gar nicht glauben, dass die Leserunde fast vorbei ist. Ich habe gestern das Buch zu Ende gelesen. Ich bin im Großen und Ganzen sehr zufrieden mit der Auflösung. Wahrscheinlich, weil ich mit so einem Ende gar nicht gerechnet habe. Und ja, ich weiß, an manchen Stellen hat sich die Story gezogen, aber am Ende ist dann doch alles gut geworden. Das ist ein tolles Buch, was ich weiter empfehlen werde. A. Eschbach, eben;)
Vielen Dank, dass ich hier mitlesen durfte und für diese wundervolle Zeit mit euch❤️
Geht mir auch so.
Mir gefällt es gut, dass er noch die Balance gefunden hat zwischen dem "Huch, das wollte ich doch alles gar nicht" und einem potentiell fiesen Machtergreifungsplan von Young und es dabei unklar ist, ob beides stimmt oder nichts davon.
Dass Joan schwanger ist, hatte ich mir schon gedacht. War keine so große Überraschung.
Ein bisschen stört mich, dass viele aufwändig eingeführte Charaktere, wie z.B. Viktoria, die vielen Mitarbeitenden und auch die Meisterdiebin, ab der Hälfte des Buches nicht mehr relevant waren. Aber das Buch war an sich schon dick genug. Ich könnte mir die Redaktion plus Meisterdiebin und ein paar Honorarkräfte gut als Seriencast vorstellen, die verschiedene Stories für ihre Abonnenten recherchieren
Mir hat das Buch gut gefallen. Ich lese den Schreibstil von Eschbach einfach sehr gern und mag seine Ideen und die Denkanstöße.
sursulapitschi
Mitglied seit 30.08.2021
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 17:34 Uhr
Na gut, man kann es einem Buch nicht vorschmeißen, wenn man andere Erwartungen hatte, enttäuscht bin ich trotzdem. Es ist nicht die abgefahrene Science Fiction, mit der ich gerechnet habe, eher eine schräge Geschichte, die sich Gedanken ums Leben und ums Sterben macht und ein bisschen hilflos versucht, es mit Thrillerelementen aufzupeppen.
Die ganze ewige Verfolgungsjagd war ein Versehen? Ernsthaft? Da sind nur ein paar Bodyguards übereifrig gewesen?
Ferdurci fährt nach Hause, das wars, und ein Genie war er nie. Na toll. Wieso ist es überhaupt von Belang, wenn irgendwo mäßig bekannte Schriftsteller eine Idee zu Papier bringen, die mit dem Youvatar Projet kollidieren? Die werden nicht sofort viral gehen und das Projekt kippen. Wozu der ganze Aufriss?
Der Maulwurf in der Redaktion war Dings, von der ich bis dahin vergessen hatte, wer sie überhaupt war. Das reißt doch auch keinen vom Stuhl.
Joan ist schwanger, wow. Was lahmes Geheimnis.
Der Vater stirbt, damit wir noch ein bisschen trauern und philosophieren können, das ist auch kein genialer Plot.
Und dann wird zum Abschluss noch das Geheimnis von Richard Colbert gelüftet, von dem wir auch schon längst vergessen hatten, dass es ihn gibt.
Es mag sein, dass man deutlich mehr parat hat, wenn man das Buch in einem Rutsch liest und nicht verteilt über vier Wochen, das hat ihm nicht gutgetan, glaube ich. Dennoch habe ich den Eindruck, Herr Eschbach hat sich ein bisschen verschätzt bei der Gewichtung des Spannungsbogens. Er stellt ganz viel in den Fokus, was mich nicht besonders interessiert hat.
Nein, mein Lieblings-Eschbach war das nicht.
sursulapitschi
Mitglied seit 30.08.2021
Veröffentlicht am 02.09.2024 um 17:45 Uhr
Zitat von Lottalein
Ferdurci braucht eine halbe Ewigkeit, um eine Kurzgeschichte (!) wiederzugeben,
Hahahaha, das ist hübsch!
Zitat von Lottalein
Wirklich überzeugend und berührend fand ich nur die Abschiedsszene zwischen James und seinem Vater im Krankenhaus. Das war sehr einfühlsam geschildert und hat mich wieder abgeholt, nachdem ich das Buch nach den ersten paar Seiten dieses Abschnitts gedanklich abgehakt hatte.
Das unterschreibe ich auch.