Rasanter Thriller mit einigen inhaltlichen Schwächen
„In eisiger Nacht“ ist der vierte Krimi von Tony Parsons, jedoch der erste der Reihe, den ich gelesen habe. Natürlich gibt es ein paar Anmerkungen, die sich vielleicht leichter mit Kenntnis der vorherigen ...
„In eisiger Nacht“ ist der vierte Krimi von Tony Parsons, jedoch der erste der Reihe, den ich gelesen habe. Natürlich gibt es ein paar Anmerkungen, die sich vielleicht leichter mit Kenntnis der vorherigen Romane erschließen, aber nach meinem Empfinden ist es nicht zwingend erforderlich diese vorher gelesen zu haben.
Zum Inhalt:
Das Thema ist durch die Flüchtlingsbewegung hochbrisant und wahrscheinlich noch länger aktuell: Menschen- und in erster Linie Mädchen-/Frauenhandel. So beginnt der Krimi auch in einer eisigen Nacht in Sarajevo, dem Ort in dem sich eine junge Frau von ihrem Bruder verabschiedet, in einen Transporter zu zwölf anderen Frauen steigt um nach England zu fahren um sich hier eine bessere Zukunft als Krankenschwester aufzubauen. Doch es geschieht ein tragischer Unfall, der Transporter ist ein Kühllaster und die Kühlung schaltet sich ein, so dass Detective Max Wolfe und seine Kollegen beim Auffinden des Lasters die Leichen von 12 Frauen treffen. Schnell ist den Ermittlern klar, dass eine dreizehnte Frau sich im Laster befand und die Suche nach ihr und den Drahtzieher dieses Verbrechens beginnt.
Der Krimi ist leicht zu lesen, der Schreibstil ist sehr angenehm und zumeist wird eine atemlose Spannung aufrecht gehalten. Erfrischend fand ich, dass Max Wolfe nicht dem gängigen Typus eines Detectives entspricht. Wer kennt sie nicht, die ewig sauertöpfischen und miesepetrigen Ermittler, die meist an gebrochenen Beziehungen und an irgendeinem Drogen- und Alkoholproblem leidet. Wolfe kommt ganz sympathisch und geerdet rüber und vor allem kümmert er sich, trotz der Belastung durch seinen bestimmt nicht leichten Job, als alleinerziehender Vater ganz liebevoll um seine Tochter.
Auf das Team um ihn herum bin ich natürlich auch hier zum ersten Mal gestossen und natürlich fehlen mir die Vergleichswerte aus den vorangehenden Romanen, so dass ich nur den Eindruck aus diesem Roman wiedergeben kann. Seine Partnerin Edie ist wesentlich jünger, mit einem verheirateten Mann liiert, offenbart Max zu Anfang des Romans ihre Schwangerschaft. Ich fand sie als Person schwer zu fassen, die Ereignisse um sie herum (ich will nicht zuviel spoilern) wirken eher listenhaft abgearbeitet, als dass sie sehr in die Tiefe gehen. Als handelnde Person würde ich sie eher in einer Nebenrolle als in einer wirklichen Partnerrolle sehen.
Nicht so gut weg kommt am Anfang die direkte Vorgesetzte von Max und dem Rest des Teams DCI Whitestone, die sich während eines Verhörs sehr unprofessionell verhält. Im Laufe des Romans erfährt man aber die Erklärung ihres Handelns, was aber nicht ihr Tun im allgemeinen rechtfertigt.
Insgesamt hat mir der Anfang des Krimis besser gefallen, der Schreibstil ist hier konsequent und die Geschichte ist rasant erzählt, bestimmt natürlich auch mit Hintergrund der brisanten Thematik. Ab etwa der Hälfte des Buches wird es nach meinem Empfinden erheblich schwächer, zu wenig wird über die Ermittlungsarbeit berichtet, dafür spielt der Zufall zu oft das Zünglein an der Waage.
Dazu werden mehrfach Erzählstränge eröffnet, die nichts mit der Geschichte zu tun haben oder auch doch und dann abrupt enden. Dass man mal eine falsche Finte legt ist ja als stilistisches Mittel durchaus gerechtfertigt, aber durch die Kumulation desselben wird es schnell langweilig und auch vorhersehbar.
Das wäre ein weiterer Kritikpunkt, die überraschende Wende fehlt irgendwie, im Prinzip ist alles vorhersehbar und man ahnt schon nach den ersten Seiten, wie der Krimi ausgeht.
Fazit:
Insgesamt handelt es sich bei „In eisiger Nacht“ um einen Krimi, der durch eine starke Anfangssequenz überzeugt, im Laufe der Geschichte jedoch einige stilistische und inhaltliche Mängel aufweist. Die Hauptfigur ist sehr sympathisch und mal eine schöne Abwechslung zum klassischen Bild eines Chefermittlers. Der Schreibstil gefällt mir insgesamt gut, trotz der inhaltlichen Schwächen bleibt man immer gut an der Sache und auch immer gut unterhalten. Ich werde mir die vorangehenden Fälle von Max Wolfe und seinem Team schon mal als Urlaubslektüre vormerken.